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Flugzeuge statt Vogelschutz
Marko Ferst
Die Starts des neuen Schönefelder Flughafens sollen über den
großen Müggelsee führen, beklagt Gregor Gysi. Dieser
sei Schutzgebiet nach Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, es würde gegen
Europarecht verstoßen. Aus dem Blickfeld gerät damit jedoch,
es würde eine Startroute favorisiert, die über gleich drei
Naturschutzgebiete hinweg führt – Berlins größtes
geschütztes Gebiet. Klaus Wowereit will genau das. Zugleich durchziehen
beide Anflugrouten ebendieses Vogelschutzgebiet und FFH-Gebiet zwischen
Berlin-Müggelheim und Erkner diagonal.
Am Boden bemüht man sich die Trauerseeschwalbe zu schützen,
eine akut vom Aussterben bedrohte Art der Kategorie eins. In den letzten
30 Jahren reduzierte sich ihr Bestand in Deutschland um 50 Prozent.
Direkt unter den Flugrouten brüten etliche Kranichpaare, überdies
Eisvögel. Beide sind gemäß Bundesnaturschutzgesetz streng
geschützt. Das Bundesverwaltungsgericht mit seinem Schönefeldurteil
schaffte die einmalige Regelung, Blechvögel, die ab nächsten
Jahr im Minutentakt bei 65-70 dBA Lärmpegel queren, genießen
Vogelschutzstatus. Die Richter räumten ein, es gäbe nicht ausgleichbare
Schäden für den Naturschutz, zogen daraus aber keine Folgerungen
für den Flughafenstandort. Die Trauerseeschwalbe wird man kaum mit
Ausgleichsmaßnahmen umsiedeln können. Höchst interessant
dürfte werden, wie man sich die Vergrämung der Kraniche vorstellt.
Der Berliner Senat müßte nur seine eigenen Gesetze anwenden.
In der Verordnung zum Naturschutzgbiet steht, Motor- und Modellsport,
Veranstaltungen und die Ruhe der Natur zu stören sei verboten. Nur
für den Senat selber, gilt diese Regelung offenbar nicht. Bleibt
zu hoffen, daß die Leipziger Richter im September ein strenges
Nachflugverbot beschließen. Dann wäre statt für fünf
Stunden in der Nacht der Vogelschutz für acht Stunden eingehalten.
Freilich fragt man sich warum Umweltkommissar Janez Potocnik sich nicht
einschaltet und dem Schreddern europäi-scher Gesetzgebung im Naturschutz
Strafmaßnahmen folgen läßt. Würde der Schutzstatus
ernst genommen dürften von der Ostseite her beide Bahnen nicht zum
Landen verwendet werden und die Nordbahn nicht zum Starten.
erschienen: Neues Deutschland 5.9.2011
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