Schwarze Prophetie
MARKO FERST
Seit rund zwei Jahrzehnten erweisen sich immer wieder die pessimistischsten
Umweltprognosen als die zutreffendsten, wenngleich sie im ohrenbetäubenden
Lärm rastloser Geschäftigkeit untergehen und nur selten die
Bewußtseinsschwelle durchbrechen, konstatiert Herbert Gruhl in seinem
neuen Buch "Himmelfahrt ins Nichts". Nun ist es sinnlos zu bestreiten, daß die Chancen für eine alternative Kultur gegen Null tendieren. Das würde aber heißen, man und frau müßte sich gründlichst darüber Gedanken machen, wie konsequente Notstandspolitik aussehen könnte. Der Abgang der Gattung Mensch, so makaber das klingt, verlangt letztlich hohe Kunst in der Politik. Wie können die schlimmsten Exesse verhindert werden? Doch das kümmert den ehemaligen Parteivorsitzenden der ÖDP wenig. Vermutlich wird es in den nächsten Jahrzehnten immer mehr solcher unproduktiver Untergangspropheten geben, selbst in Reihen, wo heute noch der stramme Fortschrittsglaube regiert. Es ist einfach bequemer, den Dingen ihren Lauf zu lassen. Mensch braucht sich nicht mehr den Kopf darüber zu zerbrechen, wie eine Reformpolitik aussehen könnte, die zu einer Gesellschaft führt mit niedrigsten Material- und Energieverbräuchen. Wer überhaupt aufgibt, Wege aus unserer Todesspirale zu suchen, der hat von vornherein verloren. Wäre es nicht schon eine lohnende Aufgabe, den drohenden Crash der Naturgewalten "wenigstens" abzumildern? Jedoch könnte dies allerdings auch janusköpfige Auswirkungen mit sich bringen, wenn man dann als Gattung zwischen akutem Notstand und Selbstauslöschung gefangen ist. 18.10.1994, Neues Deutschland, Org./ 12/1994 "Rabe Ralf", Umweltzeitung
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