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Zum Tod von Manfred Wolf
Die Partei verliert einen wichtigen Mitstreiter für eine ökologische
Linke
Von Marko Ferst
Soviel kann man festhalten, ohne Manfred Wolf hätte es die Ökologische
Plattform in der Form, wie sie sich entwickelt hat, nie gegeben. Am 7.
Februar 1994 erschien von mir ein umfangreicher Artikel zu ökologischer
Rettungspolitik im „Neuen Deutschland“. Zugleich wurde dabei
eine Diskussion zwischen André Brie und mir dort angekündigt
unter dem Fokus „Soziale und ökologische Frage - wie Feuer
und Wasser“. In der sich entwickelnden Diskussion dazu brachte
Manfred Wolf an dem Abend den Vorschlag ein, in der PDS eine Ökologische
Plattform zu gründen. Mir gefiel der Vorschlag ausgesprochen gut
und ich unterstützte das Ansinnen sofort. Dazu muß man vielleicht
wissen, das Pendant, die Kommunistische Plattform, war damals wahrscheinlich
die größte Strömung in der PDS und regelmäßig
in den Medien präsent. Einen ähnlichen Pol von der ökologischen
Seite her aufzuziehen, schien eine höchst interessante Perspektive.
In mehreren Treffen wurde die Gründungserklärung der Ökologischen
Plattform bei der PDS von vielen MitstreiterInnen erarbeitet und am 24.
Juni erblickte die neue Struktur das Licht der Welt.
Diese ehrenamtliche Parteiarbeit forderte über die Jahre unaufhörlich
ihren Tribut, die jährlichen Bundestreffen mußten organisiert
werden, thematische Konferenzen wurden ausgerichtet usw. Manfred brachte
sich selbstlos ein und setzte immer auf ein konstruktives Herangehen,
trug einen erheblichen Teil der Lasten. Ende der neunziger Jahre kam
man auf die Idee, ein umweltpolitischer Sprecher und Mitarbeiter im Karl-Liebknecht-Haus
sei verzichtbar, Peter Schott hatte sich bis dahin engagiert eingebracht
und viel organisatorische Arbeit mit erledigen können. Durch diesen
Umstand rückte Manfred an eine noch zentralere Stelle in der Arbeit
der Plattform, zumal er vorteilhafterweise unweit der Parteizentrale
wohnte. Durch „verlorene Schlachten“ ließ er sich nicht
entmutigen.
Manfred Wolf wurde 1936 in Rauschenbach in Niederschlesien geboren, mußte
mit der herannahenden Front seine Heimat verlassen. Sein Sohn Andreas
Wolf meint, seine guten Erfahrungen mit den russischen Soldaten könnten
eine Rolle gespielt haben für die spätere Bindung an die DDR.
Er studierte „Außenpolitik und internationale Beziehungen“ in
Potsdam-Babelsberg. 1958 heiratete er Anita Schmeißer, zwei Söhne
stellten sich ein. 1964 wurde er als Attaché an die Botschaft
der DDR in Prag delegiert. Drei Jahre bis 1970 arbeitete er als politischer
Mitarbeiter in der Abteilung „Benachbarte Länder des Ministeriums
für Auswärtige Angelegenheiten, Sektor CSSR“. Der „Prager
Frühling“ ging nicht spurlos an ihm vorüber, erzeugte
erstes kritisches Nachdenken.
Zwei Jahre ist er als Stellvertreter des Generalkonsuls in Bratislava
tätig. Im Fernstudium absolviert er ein ökonomisches Zusatzstudium
der Humboldt-Universität und beginnt 1977 in Moskau ein Studium
an der Diplomatenakademie des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten
der UdSSR. Zwei Jahre später wurde er Leiter des Sektors CSSR für
Auswärtige Angelegenheiten und 1981 zeitweilig als erster Sekretär
der Botschaft in Prag eingesetzt und ging dann zurück.
Wir springen auf das Jahr 1987. Gesundheitliche Beschwerden seiner Frau
führen dazu, weitere Auslandseinsätze zu meiden. Durch diese
Umstände wird Manfred Wolf in das Ministerium für Umweltschutz
und Wasserwirtschaft versetzt. Die Zusammenarbeit im RGW auf diesem Gebiet
wird sein Zuständigkeitsbereich. Vermutlich hier sind die Ursprünge
zu suchen, die nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben sein ökologisches
Engagement bestimmen werden. Vom Oktober 1990 bis September 1991 arbeitet
er noch im gesamtdeutschen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit.
Mit Blick auf die PDS und ihre Politik mag Manfred umsichtig argumentiert
haben. Wie ich mich an persönliche Gespräche erinnere, löste
die praktische Politik der rot-roten Koalition in Berlin aber z.B. eine
sehr kritische Bewertung aus. Immer blieb er Diplomat oder wie Wolfgang
Borchardt auf der Gedenkveranstaltung am 17. August 2017 für Manfred
im Karl-Liebknecht-Haus formulierte „die gute Seele der Ökologischen
Plattform“ und hob seinen ausgeglichenen Leitungsstil hervor. Nie
verlor Manfred das Ziel aus den Augen, für eine ökologischere
Linke zu streiten und nicht immer konnte er dabei nur auf Lob hoffen.
Auf der Veranstaltung verwies Wolfgang Methling, ehemaliger Umweltminister
in Mecklenburg-Vorpommern, er habe ihn sehr geschätzt und er sei
für ihn wie ein „großer Bruder“ gewesen, ein nimmermüder
Vermittler zwischen den verschiedenen ökologisch orientierten Linken,
ein Brückenbauer. Nie gab er auf, die verschiedenen Fäden zu
verknüpfen. Er bemühte sich immer um eine enge Zusammenarbeit
und wo möglich und sinnvoll um eine inhaltliche Abstimmung mit der
BAG Umwelt und den Umweltpolitikern der Bundestagsfraktion. Das hat insbesondere
bei der Formulierung von Anträgen und Änderungsanträgen
zu den Parteiprogrammen und Bundestagswahlprogrammen zu einer beachtlichen
und von Umweltorganisationen beachteten ökologischen Durchdringung
der Programme geführt, so Methling.
Andreas Wolf beeindruckte bei seinem Vater die kompromißlose Umsetzung
des ökologischen Denkens in die häusliche Praxis. Sein Vater
realisierte das auch, wenn es mit Einschränkungen und Einbußen
bei den Bequemlichkeiten des täglichen Lebens einher ging. Wäre
die ökologische Zivilisationskrise in der Linken in dem vergangenen
Vierteljahrhundert zentral in den Blick genommen worden, hätte dies
auch für die Ökologische Plattform eine immense Herausforderung
bedeutet, einen viel intensiveren Lern- und Korrekturprozeß. Es
wäre spannend gewesen zu sehen, wie sich die Ökologen in der
Linken in so einem Fall eingebracht hätten, wie Manfred dies angenommen
hätte. Gewiß sind die aktuellen programmatischen Fortschritte
der Partei deutlich erkennbar, die aber in der praktischen Landespolitik
leider zuweilen konterkariert werden, wie in Brandenburg z.B.
Für manche Aufgabe kann zweifellos ruhige Diplomatie bessere Ergebnisse
erzielen. Zugleich erfordert das Voranbringen ökologischen Parteiprofils
auch sprachlich professionell formulierte Inhalte, insbesondere dann,
wenn man feststellt, man ist z.B. gegenüber Umweltverbänden
oder der grünen Partei viel zu blaß in den Aussagen. Da müssen
dann auch Stirn geboten und Mißstände zur Sprache gebracht
werden.
Ich habe mich mit Manfred oft ohne Worte verstanden und mochte seine
ruhige Art, die mir auch eigen ist, sobald es nicht um die politische
Sphäre geht. Nach meinen schweren gesundheitlichen Einschnitten
trug er ganz sicher dazu bei, daß ich noch bis zum Herbst 2010
an der unmittelbaren Arbeit der Plattform teilhatte, obwohl dies längst
ein Drahtseilakt war. Und so schnell wollte ich die Hoffnung auf Heilung
nicht aufgeben.
Ein Punkt noch am Schluß: Wer immer das bundesweit bekannte Ökodorf
Siebenlinden in der Altmark künftig besucht, in unmittelbarer Nähe,
in Apenburg, fand Manfred Wolf seine letzte Ruhestätte. Das kann
man fast wie ein Fingerzeig des Schicksals deuten … Mag Manfred
in unseren Herzen und im Geist weiter seinen Platz behalten. Er wird
uns sehr fehlen. Ebenso steht im Raum: Wird es möglich sein, seinen
Staffelstab weiterzureichen an eine neue Generation, die vielleicht weit
erfolgreicher die ökologische Perspektive in der Partei zum Schlüssel
aller anderen Politikgebiete transformieren kann?
erschienen: Tarantel. Zeitschrift der Ökologischen Plattform, 3-2017,
Nr. 78
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