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Das Ende des
Verkehrschaos
Innovationen für eine umwelt- und sozialverträgliche Verkehrspolitik
Bernd Hercksen
A. Personenverkehr
Unlösbare Verkehrsprobleme?
Die Euphorie der 80er und 90er Jahre, den Autoverkehr durch eine Förderung
alternativen Verkehrsmittel zurückdrängen zu können, sind
heute verflogen. Mit Milliardeninvestitionen des Bundes, der Länder
und der Kommunen hatte man versucht, den Anteil des öffentlichen
Verkehrs durch neue Hochgeschwindigkeitsstrecken, U-Bahnen und S-Bahnen
zu steigern. Zusätzlich wurden immer größere Innenstadtbereiche
und Wohngebiete fußgängerfreundlich gestaltet und der Radverkehr
durch den Radwegebau gefördert. Herausgekommen ist allenfalls, dass
sich der Autoverkehrsanteil nicht mehr so stark wie vorher vergrößert,
die Zahl der Autos wächst aber weiter an. Auch eine intelligentere
konventionelle Verkehrspolitik als die deutsche - wie etwa in der Schweiz
- könnte wohl an diesem Dilemma nichts ändern.
Die großen Hoffnungen nach mehr Lebensqualität in Stadt in
Land sind zerstoben, der Protest gegen deren Zubetonierung und Verschandelung
ist verstummt, obwohl das Thema nichts von seiner Brisanz verloren hat.
Warum? Zum einen sind die Zeiten des Aufbruchs - Ende der 60er bis Ende
der 80er - längst vorbei, der Schwung von 68 über Alternativbewegung,
Friedensbewegung bis hin zu den Grünen - ist verpufft. Dass sich
zur Zeit im Bereich der Verkehrsreformen wenig tut, hat aber auch damit
zu tun, dass es an erfolgversprechenden Alternativen zum Autoverkehr fehlt.
Bevor hier ein gänzlich neuer Ansatz vorgestellt wird, sollen die
ethischen Ziele einer Verkehrsreform vorgestellt werden. Eine neue Verkehrstechnologie
braucht Vorgaben und Zieldefinitionen, die nicht der Technik selbst entspringen,
sondern der Kultur und Kommunikation sozial- und umweltbewusster Bürger.
Der Protest gegen die autogerechte Stadt - ethische Grundlagen
Ende der 70er bis Ende der 80er Jahre formierte sich eine neue Bewegung
gegen das Ideal der autogerechten Stadt, die in den 60er und 70er Jahren
zügig realisiert worden war. Die Opferung fast aller Verkehrsflächen
für den fließenden und ruhenden Autoverkehr brachte Lärm,
Abgase, Staus und Hektik in die Städte. Der Ansturm mobilitätshungriger
Autofahrer gegen die engen und nicht für den Autoverkehr geplanten
Innenstädte vernichtete eine urbane Lebensqualität, die als
selbstverständlich vorhandene vorher kaum bewusst geworden war. Erst
jetzt wurden die sozialen und ökologischen Verluste deutlich, die
der konzentrierte Autowahn in Stadt und Land angerichtet hatte. Woher
kam diese plötzliche Sensibilität, der Umschwung von Technik-
zu Umweltbegeisterung? Es sind vor allem drei ethische Ideale zu nennen,
die zwar verdrängt, aber nie ganz vergessen worden waren.
Schönheit ist ein philosophischer und poetischer Begriff aus einer
vorindustriellen Zeit, ein aristokratisches Ideal, das zuletzt in der
Romantik am Anfang des 19. und in der Jugendbewegung am Anfang des 20.
Jahrhunderts eruptionsartig an die Oberfläche des gesellschaftlichen
Bewusstseins getreten war. In normalen Zeiten ist Schönheit ein Fremdkörper
in der von technischen und materiellen Zielen und Vorstellungen geprägten
modernen Welt. Trotzdem bleibt das verschüttete Schönheitsideal
unter der Oberfläche immer lebendig, weil der Mensch als geistiges
Wesen ethische Ideale immer nur verdrängen, aber niemals ganz abschütteln
kann.
Auch in abgespaltener Form bleibt das Schönheitsideal wirksam. Es
äußert sich im Unbehagen an der Welt von Schnellstraßen,
Großparkplätzen, grauen Häuserschluchten, durch die lärmende
Blechlawinen tosen, und an seelenlosen Vorstädten und Industriegebieten.
Man flüchtet in den Urlaub, in kleine Dörfer, wo sich das Leben
noch auf der Straße abspielt, wo man noch Zeit und Muße hat.
Man flüchtet in die letzten Reste der Altstädte und in Fußgängerzonen,
wo die frühere Lebensqualität noch zu ahnen ist.
Die achtziger Jahre waren die grünen Aufbruchs- und Gründerjahre,
in denen das Schönheitsideal wieder einmal seine gesellschaftliche
Sprengkraft zeigte. Die Kluft zwischen Ideal und Wirklichkeit war unerträglich
geworden, und man versuchte, sie zu schließen.
Der Umweltschutz gehört auch in diese geistige Strömung, in
der die "keltischen Ideale" eine Renaissance erlebten. Die Liebe
zur Natur spielte bei den Kelten eine große Rolle, später auch
noch bei den Germanen. Die Umweltverwüstungen, die der in den 60er-
und 70er Jahren geradezu explodierenden Autoverkehr angerichtet hatten,
sprachen eine deutliche Sprache. Sie zeigten sich vor allem in der Landschaftszerstörung
und im Artensterben, hervorgerufen durch den immensen Flächenbedarf
der Massenmotorisierung. Dazu ein Beispiel: Eine S-Bahn befördert
laut Bundesverkehrsministerium pro Flächeneinheit 11 mal so viele
Personen wie der Autoverkehr - es braucht 16 Fahrbahnen für den Autoverkehr,
um die Personentransportleistung einer S-Bahn-Trasse zu ersetzen. Noch
viel schlimmer sieht es mit dem ruhenden Verkehr aus. Ein Auto braucht
eine Parkfläche von rund 20 qm, eine Fläche, wie sie viele Menschen
noch nicht einmal zum Wohnen haben. Dieser gigantische Flächenverbrauch
ist denn auch für die schreckliche Zersiedelung und Versiegelung
der Landschaft verantwortlich. Von winzigen Punkten in einem weiten Land
sind die Städte zu riesigen Ballungsräumen angewachsen, der
Siedlungsbrei ergießt sich immer noch ungebremst in immer größere
Landschaftsräume.
Der motorisierte Individualverkehr ist auch eine gigantische Energieverschwendung.
Kein Wunder, wenn bedenkt, dass fast eine Tonne Metall und Plastik bewegt
werden muss, um meist nur einen Menschen mit 70 kg zu transportieren -
ein Fahrrad wiegt nur ein hundertstel so viel wie ein Auto. Die Zahl dieser
Energieverschwender steigt immer mehr an und übersteigt schon 40
Millionen bei rund 80 Millionen Bundesbürgern. Die Folge ist ein
steigender Energieverbrauch im Straßenverkehr, obwohl neue Automotoren
immer sparsamer im Energieverbrauch werden. Er stieg in Baden-Württemberg
von 7,5 Millionen Tonnen Steinkohleeinheiten im Jahr 1989 auf rund 11
(fast genauso hoch, wie der Energieverbrauch aller privaten Haushalte
einschließlich der Heizung). Eine solche Energieverschwendung bedeutet
für die Umwelt steigende Abgas- und Lärmbelastung.
Das stärkste ethische Motiv ist wohl die menschliche Lebensqualität.
Nicht bloß die Umwelt leidet unter dem Autoverkehr, sondern vor
allem die Menschen, die ihn hervorgerufen haben. Die Generation derjenigen,
die in den 80er Jahren gegen die Opferung von Lebensraum für den
Autoverkehr protestiert hat, konnte selbst oft noch in den 50er Jahren
als Kind in den Nebenstraßen Ball spielen. Die heutigen jungen Erwachsenen
wissen dagegen nicht mehr, wovon die Rede ist. Die urbane Lebensqualität
ist eine Erfahrung, die heute fast nur noch in mediterranen Gassen oder
in den Fußgängerzonen von Kleinstädten zu machen ist,
aus denen die Autos verbannt sind. Dort kann man das Ideal urbanen Lebens
noch in Natura besichtigen: Begegnung und Kommunikation in den Straßen
und Gassen, die Orte der Arbeit und Muße oft nur einen Steinwurf
entfernt, alle Ziele mit kurzen Fußwegen erreichbar, auch die unverbaute
Natur vor den Toren der Stadt.
Auch der allgegenwärtige Lärm durch den Autoverkehr wird immer
mehr als störend empfunden, der Lärmterror reicht bis hin zur
Gesundheitsbelastung, wenn der nächtliche Schlaf gestört ist.
Der eigentliche Luxus ist heute die Stille, im Urlaub und auch zu Hause.
Ziele einer neuen Verkehrspolitik
Aus den genannten ethischen Zielen ergibt sich die Forderung, den Autoverkehr
zurückzudrängen auf die Größe, die er vor dem Krieg
oder in den 50er Jahren vor Beginn der Massenmotorisierung gehabt hat.
Das sollte nicht mit Zwang und bürokratischen Vorschriften geschehen,
sondern durch die Einführung innovativer öffentlicher und individueller
Verkehrsmittel, die nur einem Bruchteil des Flächen- und Energieverbrauchs
des Automobils haben. Näheres dazu im nächsten Kapitel.
Erst dann kann mit einem Rückbau von Straßen und Parkplätzen
begonnen werden, der die kostbare Verkehrsfläche im Sinne von mehr
Lebensqualität nutzen kann. In den Innstädten sind das vor allem
breitere Gehsteige, Alleen, Grünflächen und Parks, Spielplätze,
Bänke, Fahrradstreifen und vieles mehr. Ohne die allgegenwärtige,
lärmende, gefährliche und hinderliche Blechlawine macht auch
das Gehen und Radfahren in der Stadt viel mehr Spaß. In den Vorstädten
und Industriegebieten sind die Flächengewinne durch den Wegfall vormals
breiter und großer Straßen und Parkplätze noch größer.
Neben einer konsequenten Begrünung und Verschönerung vormals
hässlicher Flächen und Bauten entstehen dann Flächen für
neue Wohnhäuser und Gewerbehallen, so dass landschaftsvernichtende
Ausweisung immer neuer Wohnsiedlungen und Gewerbegebiete endgültig
gestoppt werden kann. Im Gegenteil, es kann eine Renaturierung z. B. durch
Offenlegung von Bächen und Flüssen, von Naturschneisen bis in
die Städte begonnen werden.
Die neue Attraktivität und bessere Erreichbarkeit der Innenstädte
kommt dem dortigen Einzelhandel und den kleinen Supermärkten zugute,
während die großen Einkaufszentren auf der grünen Wiese
unter Umsatzrückgang leiden müssen. Durch solche Strukturveränderungen
verringert sich das Verkehrsaufkommen, was wiederum die Attraktivität
der Innenstädte erhöht - es kommt eine Spirale zum Positiven
in Gang. Das Ziel ist eine Schrumpfung des Umwelt- und Energieverbrauchs
im Verkehrsbereich um den Faktor 10, wie ihn Friedrich Schmidt-Bleek und
das "Faktor 10 Institut" ganz allgemein für unsere Wirtschaft
fordert. Das lässt sich aber nicht moralischen Appellen bewerkstelligen,
z. B. doch das Auto zu Hause stehen zu lassen und lieber zu Fuß
zu laufen. Nicht ein "Zurück zur Natur" und zur Lebensweise
früherer Generationen kann die Devise sein, sondern eine naturfreundliche,
intelligente Technik und ebensolche gesellschaftliche Rahmenbedingungen
und Ordnungen.
Diese Öko-Technik zeichnet sich vor allem durch ihre Kleinheit aus
("small is beautiful"), die durch den Fortschritt der elektronischen
Technik möglich wird. So brauchte Ende der 40er Jahre ein Computer
von der Leistungsfähigkeit eines Taschenrechners den Raum einer Turnhalle
und den elektrischen Energiebedarf einer Kleinstadt. Die zukünftige
Verkehrsinfrastruktur soll auf möglichst kleinen Raum zusammenschrumpfen
und wieder fast so wenig Energie verbrauchen wie früher, als die
Menschen nur ihre eigene Körperkraft oder die von Pferden zur Verfügung
hatten. Stellen wir uns ein Auto mit 50 oder gar 100 PS vor - es würde
also bildlich gesprochen von 50 oder 100 Pferden gezogen. Eine solche
in natürlichen Dimensionen unvorstellbare Energieverschwendung kann
dank Umwelt-High-Tech wieder auf eine natürliche Größenordnung
zurückgeführt werden - das 1-Liter-Auto von VW braucht nur noch
8 Pferdestärken für eine Höchstgeschwindigkeit von 120
km. Senkt man diese auf 100 km, dann sind es wohl nur noch 5-6 Pferde,
die die "Öko-Kutsche" ziehen müssen.
Neue Verkehrstechnik ist also kein Selbstzweck, sondern sie steht im Dienst
einer lebenswerten und umweltschonenden Welt, in der die humanen, also
mit menschlicher Körperkraft funktionierenden Verkehrsmittel Zu-Fuß-Gehen
und Radfahren im Vordergrund stehen.
Vorzüge und Mängel der bestehenden Personenverkehrsmittel
Vor der Darstellung von Innovationen im Verkehrsbereich sollen die Vorzüge
und Mängel der bestehenden Verkehrsmittel behandelt werden. Sie sind
die Grundlage für Innovationen, indem die positiven Eigenschaften
und Prinzipien verschiedener Verkehrsmitteln bei innovativen Verkehrsmitteln
neu kombiniert werden. So entsteht dann ein individuelles öffentliches
Verkehrsmittel oder eine Kombination der Prinzipien und Vorteile von Auto
und Fahrrad. Näheres im nächsten Kapitel.
Nichtmotorisierter Verkehr: Fußgänger
Jahrtausendelang kannte die breite Mehrheit kein anderes Verkehrsmittel
als die eigenen Füße. Das änderte sich erst, als Ende
des 19. Jahrhunderts motorisierte Verkehrsmittel des Öffentlichen
Verkehrs für die Masse erschwinglich wurden. Aber auch danach wurden
bis zur Massenmotorisierung Anfang der 60er Jahre die meisten Wege zu
Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt - ohne Begeisterung,
lieber wäre man gefahren. Heute ist es ein Luxus, durch eine historische
Altstadt schlendern, Bekannte zu einem Plausch treffen oder durch eine
schöne Landschaft gehen zu können. Die eigene Bewegung, einst
ungeliebte Last, ist heute neue Lust, weil man sowieso den ganzen Tag
sitzen muss und schon für die Gesundheit und zum Abnehmen Bewegung
braucht.
Da Fußgänger direkt der Umgebung ausgesetzt sind, sind sie
für eine angenehme und anregende Umgebung sehr dankbar. Umgekehrt
ist eine hässliche, schnurgerade Straße mit Industriebauten
für Fußgänger eine Qual, während sich der Autofahrer
nicht an ihr stört, weil er sie schnell durchfahren kann. Will man
den Fußgängerverkehr steigern, muss man eine lebenswerte und
schöne Umgebung schaffen, mit schönen Gebäuden, Geschäften,
Bäumen und einem abwechslungsreichen Terrain.
Vorbild sind die mittelalterlichen Städte, die heutigen Altstädte,
die Fußgängerstädte waren, weil alles in fußläufiger
Entfernung erreichbar war. Ihr Grundriss und ihre Perspektive war noch
nicht mit dem Reißbrett konstruiert, dem Fußgänger gehörte
die ganze Straße, die darum auch nicht breit sein musste. Die Fußgängerstadt
ist ein Ideal, das mit neuer Verkehrstechnologie eine neue Wiedergeburt
feiern können wird.
Nichtmotorisierter Verkehr: Radfahrer
Der Radfahrer genießt die fast mühelose Fortbewegung, lautlos
und dreimal so schnell wie ein Fußgänger voran zu kommen. Kleine
Gepäckstücke kann er leicht mitnehmen. Fußgänger
und Radfahrer sind keine Gegner, wenn ihnen die Straße (zusammen
mit nur wenigen Autos) gehört und sie leicht ausweichen können,
wie das in Spielstraßen der Fall ist. Auch Radfahrer lieben es nicht,
sich am Rand einer vielbefahrenen Straße inmitten von Lärm
und Gestank bewegen zu müssen, ideal sind für sie verkehrsarme
Nebenstraßen oder eine Fußgängerzone am Vormittag. Das
Radfahren vergrößert den Radius der Fußgängerstadt
um das Dreifache.
Radfahrer und Fußgänger sind die idealen Nahverkehrsteilnehmer:
sie brauchen fast keine Energie und Verkehrsfläche, sie sind leise
und umweltschonend. Aber sie brauchen eine lebenswerte Umgebung.
Autoverkehr
Bis jetzt war nur von den Nachteilen des Automobils die Rede. Sein weltweiter
Siegeszug wäre unverständlich, wenn er nur Nachteile hätte.
Sein größter Vorteil ist seine Eigenschaft als Individual-Verkehrsmittel,
die er mit dem Fahrrad und dem Fußgänger teilt. Das heißt,
der Autofahrer kann direkt und ohne Umwege sein Ziel ansteuern, er muss
nicht auf Anschlusszüge warten, er muss keinen Fahrplan beachten,
er erreicht jedes Ziel, auch einen gottverlassenen Weiler, wenn nur ein
Feldweg zu ihm führt. Dazu kann er auch große Gepäckstücke
oder sonstige Gegenstände mitnehmen, die für einen Fußgänger
oder Radfahrer viel zu schwer sind.
Während Reichweite und Geschwindigkeit und Fußgängern
und Radfahrern beschränkt ist, ist sie beim Auto prinzipiell um ein
Vielfaches größer, ein Vorteil, der sich im Stadtverkehr oft
sehr reduziert. Außerdem ist der Autofahrer vor den Unbilden der
Witterung, vor Lärm und unangenehmen Zeitgenossen geschützt,
er sitzt bequem und kann Musik hören, während sich seine nichtmotorisierten
"Kollegen" oft schwitzen oder frieren müssen.
Fazit des Individualverkehrs: die individuellen Vorteile des Autofahrens
sind teuer erkauft durch die Nachteile, die Nicht-Autofahrer durch den
Autoverkehr erleiden.
Öffentlicher Personenverkehr
Der öffentliche Verkehr ist das Lieblingskind fast aller Öko-Freaks,
die ihm die Lösung aller Verkehrsprobleme zutrauen, wenn er nur endlich
richtig organisiert würde und wenn nicht so viele Autofahrer seine
Segnungen verschmähen würden. Wie beim Autoverkehr gibt es hier
jedoch auch Licht und Schatten.
Sein größter Vorteil ist sein geringer Flächen- und Energiebedarf.
Der öffentliche Verkehr verträgt sich gut mit Fußgängern
und Radfahrern, ja er ist auf beide als Zubringer angewiesen, weil seine
Verkehrsmittel nicht vor jedem Haus halten können. Dank des geringen
Flächenbedarfs des Öffentlichen Verkehrs haben Fußgänger
und Radfahrer genug Platz auf den Straßen, im Falle von S-Bahnen
und U-Bahnen gibt es überhaupt keine Probleme.
Je dichter die Stadtbebauung, desto größer der Anteil an öffentlichem
Verkehr. So beträgt er in der City von New York, London oder Hamburg
fast 90%. Umgekehrt ist der öffentliche Verkehr auf dem flachen Land
faktisch nicht vorhanden, viele Dörfer und Weiler sind überhaupt
nicht an sein das Netz angeschlossen.
Der Öffentliche Verkehr ist sinnvoll nur auf den Linien und Strecken
mit hohem Verkehrsaufkommen, weil er dann mit kurzen Taktzeiten und guten
Auslastung wirtschaftlich fahren kann. Problematisch sind die vielen unterschiedlichen
Fahrzeuge und Systeme des öffentlichen Verkehrs: die verschiedenen
Züge der Bundesbahn, Straßenbahn, S-Bahn, U-Bahn, Busse. Häufige
Umsteigen ist die Folge, auch wegen der Tatsache, dass die Fahrzeuge des
Öffentlichen Verkehrs Großkabinen-Fahrzeuge sind, nur an Haltestellen
halten und feste Linien bedienen. Umsteigen aber ist mit Wartezeiten,
Langweile und oft mit bösen Überraschungen verbunden, wenn der
Anschlusszug versäumt ist. Noch dazu ist der Fahrplan kompliziert
und ändert sich immer wieder, so dass eine neue ungewohnte Strecke
Stress und Probleme mit sich bringen kann.
Nicht jedermanns Sache ist es, mit wildfremden Menschen auf engstem Raum
in eine Kabine eingesperrt zu sein, selbst wenn nicht die Gefahr von Überfällen
oder Belästigungen droht. Auf der anderen Seite können sich
dabei manchmal schöne Bekanntschaften ergeben, doch das bleibt die
Ausnahmen.
Der größte Vorteil des Öffentlichen Verkehrs für
den Fahrgast ist es wohl, nicht selbst fahren zu müssen. So kann
er sich auf andere Dinge konzentrieren, er kann lesen, Musik hören,
im Zug auch arbeiten, sich unterhalten oder sich entspannen. Die Zeit
im Verkehr ist dann nicht verloren, sondern kann auch sinnvoll genutzt
werden.
Flugverkehr
Ein weiteres Öffentliches Verkehrsmittel, das durch die Steuerbefreiung
von Flugbenzin staatlich besonders gefördert wird. Zwar ist der Flächenverbrauch
der Flughäfen insgesamt relativ gering, dafür ist der Energieverbrauch
relativ hoch. Dazu kommt eine große Lärmbelästigung der
Flughafenanwohner. Aber auch, wenn die Flugzeuge in 10.000 Metern Höhe
ihre Bahn ziehen, sind sie noch zu hören, sie verteilen ihre Lärmschleppe
nur auf eine sehr große Fläche. Auf diese Weise gibt es fast
nirgendwo in Deutschland einen Ort, wo es längere Zeit wirklich ruhig
ist. Deswegen sind Flugzeuge nur im Interkontinentalverkehr über
den Meeren sinnvoll, wo der Lärm niemand stört und wo es nur
die Alternative langsamer Schiffe gäbe. Die Schnelligkeit von Flugverbindungen
im nationalen Verkehr reduziert sich sehr durch das Einchecken und die
Anfahrt zum Flughafen, der oft nicht verkehrsgünstig gelegen ist.
Magnetschwebebahn
Dieses neue Verkehrsmittel soll die Lücke zwischen dem Zug und dem
Flugzeug schließen. Es ist sicherer und leiser als ein Hochgeschwindigkeitszug,
weil es nur Luftgeräusche gibt. Nachteilig ist die Tatsache, dass
die Magnetschwebebahn nicht in den übrigen Öffentlichen Verkehr
integriert ist. Sie braucht teure neue Trassen und stellt dann für
den Zugverkehr eine Konkurrenz dar. Deswegen wird er weltweit nur dort
projektiert, wo er keine direkte Konkurrenz hat: als Flughafenanbindung
zwischen Stadtzentrum und Flughafen. Die Magnetschwebebahn hat daher keine
Zukunft als Konkurrenz zu den traditionellen Schienenverkehrsmitteln,
obwohl seine Vorteile (Sicherheit, schnelle Beschleunigung, komfortable
Fahrt, Steigungsfähigkeit bis 10%) seinen Einsatz als neues Verkehrsmittel
empfehlen würden.
Neue innovative Verkehrsmittel
Alle heute dominierenden Verkehrsmittel - Auto, Eisenbahn einschließlich
U-Bahn und S-Bahn und sogar das Fahrrad sind Erfindungen des 19. Jahrhunderts,
allein das Flugzeug wurde Anfang des 20. Jahrhunderts erfunden. Diese
Verkehrs-Dinosaurier können die Verkehrsprobleme des 21. Jahrhunderts
nicht lösen. Sie mit moderner Technologie verbessern zu wollen, heißt
nur, neuen Wein in alte Schläuche zu gießen.
Nachdem der Verkehr in einer Sackgasse steckt, sind Fantasie und Kreativität
gefragt, eine Lösung zu entwickeln und zu realisieren. Eine grundsätzlich
neue Technologie muss her. Viele Menschen haben sich gefragt, warum man
einen Menschen auf den Mond schießen kann, aber nicht das tägliche
Verkehrschaos bewältigen kann. Und seit der ersten Mondlandung eines
Menschen sind inzwischen fast 40 Jahre vergangen - es müsste doch
möglich sein, intelligente High-Tech-Verkehrstechnologie zu entwickeln,
die die Verkehrsprobleme grundlegend lösen kann.
Um eine solche Lösung zu finden, sollen die bisherigen Überlegungen
zusammengefasst werden. Zunächst muss eine Grundsatzentscheidung
getroffen werden: Kann diese Lösung in einem neuen Individualverkehrsmittel
oder einem neuen System des Öffentlichen Verkehrs liegen oder muss
beides verbessert werden?
Variante A: Neues Individualverkehrsmittel, Öffentlicher Verkehr
bleibt wie er ist
Auch das beste Individualverkehrsmittel mit einem Flächen- und Energiebedarf
von nur 40% eines Pkw kann in dieser Hinsicht nicht der S-Bahn und U-Bahn
das Wasser reichen. Beide sind für die Ballungsräume und Innenstädte
von Groß- und Millionenstädten auch weiterhin erforderlich.
Öffentlicher Verkehr ist aber auch aus prinzipiellen Gründen
notwendig, um Kinder und Jugendliche sowie alte Menschen zu befördern,
die noch nicht oder nicht mehr Auto fahren können. Außerdem
ist es aus finanziellen und ökologischen Gründen sinnvoll, die
Trassen des Schienenverkehrs, vor allem die milliardenteure S-Bahn- und
U-Bahn-Trassen, weiterhin für den Verkehr zu nutzen.
Wie wir schon gesehen haben, ist der öffentliche Verkehr zwar notwendig
und sinnvoll, aber durch sein Massenverkehrsprinzip (Großkabinenfahrzeuge
verkehren auf starren Linien mit der Folge häufigen Umsteigens) mit
großen Nachteilen für die Fahrgäste verbunden. Ein solcher
uneffektiver Öffentlicher Verkehr kann keinen Beitrag zur Verringerung
des motorisierten Individualverkehrs leisten. Eine solche wäre aber
auch dann noch wünschenswert, wenn das heutige Automobil durch eine
flächen- und umweltschonendere Variante ersetzt würde.
Variante B: Individualverkehr bleibt wie er ist, neues System für
den Öffentlichen Verkehr
Die Hoffnung liegt bei dieser Variante auf der Sogwirkung eines effizienten
Öffentlichen Verkehrs, der viele Autofahrer zum Umsteigen und sogar
zur Abschaffung ihres Autos bringen würde. Das wird nur in begrenztem
Umfang möglich sein, weil der Öffentliche Verkehr niemals die
Fläche effizient bedienen kann. Vor allem auf dem Land und in Kleinstädten
wird sich der Autoverkehr kaum verringern. Der große Flächenverbrauch
des Automobils wirkt sich auch dort negativ aus, z. B. beim Ladensterben
aufgrund von zu wenig Parkplätzen in den Stadtzentren.
Das Hauptproblem ist in dieser Variante die schlechte Verknüpfung
von Autoverkehr und Öffentlichem Verkehr. Ausreichend viele P+R-Parkplätze
für Pendler stehen an Bahnhöfen und S-Bahnstationen in der Regel
nur auf dem Land zur Verfügung. An U-Bahn-, Bus- oder Straßenbahnhaltestellen
in den Städten gibt es wegen des großen Parkflächenbedarfs
von Pkws viel zu wenige Parkplätze. Angesichts dieses Mankos stößt
auch ein noch so effizientes öffentliches Verkehrssystem an seine
Grenzen. Es bräuchte neben Fußgängern und Radfahrern noch
ein deutlich abgespecktes motorisiertes Individualverkehrs-mittel, um
den "Zulieferverkehr" von den Haustüren zu den Haltestellen
attraktiv zu machen.
Variante C: neues Individualverkehrsmittel und neues System für
den Öffentlichen Verkehr
Aus den Überlegungen der Varianten A und B wird schon jetzt deutlich,
dass ein neues flächen- und Energie sparendes motorisiertes Individualfahrzeug
(das Ökomobil) eine ideale Ergänzung zu einem neuen System des
Öffentlichen Verkehrs (die "M-Bahn") bildet. Bei der M-Bahn
handelt es sich um ein System individueller Kleinkabinen auf Magnetschwebebasis,
die die schon bestehenden kreuzungsfreien Verkehrstrassen (z. B. U-Bahn)
nutzen. Beide Elemente bilden zusammen ein neues duales Verkehrssystem,
das dank seiner umweltfreundlichen Effizienz den heutigen Autoverkehr,
den traditionellen öffentlichen Schienenverkehr und auch den europäischen
(innerkontinentalen) Flugverkehr ersetzen.
Reform des Individualverkehrs: das Ökomobil
Der Autokonzern Volkswagen hat 2002 ein 1-Liter-Auto mit einer Größe
von 3,65 Meter Länge, 1,25 Meter Breite und 1,10 Meter Höhe
entwickelt. Es bietet 2 Erwachsenen bequem Platz, dazu kommt ein Kofferraum
von 80 Litern. Bei steigenden Benzinsteuern (Ökosteuern) wird ein
solches Ökomobil zunächst als Zweitwagen viele Käufer finden.
Steigen die Ökosteuern weiter an, so dass z. B. ein Liter Benzin
5 Euro kostet, dann wird es bald zum Normalfall werden und braucht dann
wieder die gleichen Benzinkosten wie ein herkömmlicher Pkw. Unterstützt
werden kann diese Umstellung vom Automobil zum Ökomobil auch durch
spezielle Parkplätze für das Ökomobil, die in den Innenstädten
in ausreichender Zahl und ohne Parkgebühren bereitgestellt werden.
Problemloses Parken in der Stadt ist ein starkes Motiv für die Anschaffung
eines solchen umweltfreundlichen Autos.
Bei einer Verkleinerung des Ökomobils auf drei Meter Länge und
1,10 Meter Breite ergibt sich ein Parkflächenbedarf von nur 40% im
Vergleich zu einem normalen Pkw-Parkplatz. Selbst eine Steigerung der
Ökomobil-Parkplätze um 50% senkt den Parkflächenbedarf
noch um 40%, so dass die gewonnenen Flächen z. B. für breitere
Gehsteige oder Fahrradstreifen genutzt werden können.
Auch beim fließenden Verkehr bringt das Ökomobil einen großen
Flächengewinn. Viele Stadtstraßen mit zwei Fahrbahnen pro Richtung
können dann auf eine normale Fahrbahn (3-3,5 Meter breit) pro Richtung
verengt werden, das gilt auch für die Abbiegespuren vor Ampelanlagen.
Und zwar einfach, indem jede Fahrbahn mittels einer Markierung in zwei
Streifen geteilt wird. Dadurch können auf einer Fahrbahn zwei Ökomobile
nebeneinander fahren, während normale Autos und Lkws weiter die ganze
Fahrbahnbreite nutzen. Diese Fahrbahnteilung ist vor allem vor Ampelkreuzungen
wichtig, weil sie das Nadelöhr für die Verkehrsleistung einer
Straße bilden. So können dann auf einer Fahrbahn die Ökomobile
in zwei Reihen auf "Grün" warten. Auf diese Weise kommt
ein Straßenrückbau in Gang, der den großen Stadtstraßen
dank breiterer Gehwege, Straßencafés und Alleen wieder die
Lebensqualität früherer Zeiten verschafft.
Es versteht sich von selbst, dass die Ökomobile in der Stadt praktisch
lautlos, weil elektrisch angetrieben fahren. Die Energie beziehen sie
von einem ca. 3 qm großen Solardach in 1,50 Meter Höhe, bei
Bedarf zusätzlich von einem winzigen Elsbett-Motor mit Pflanzenöl,
der die Batterien bei fehlendem Sonnenschein wieder auflädt. Ökomobile
können auch sicher sein - das 1-Liter-Auto von VW übertrifft
sogar noch den Sicherheitsstandard heutiger Autos. Doch wie steht es mit
der Kippsicherheit (Stichwort "Elchtest")? Das hier vorgestellte
Modell (1, 10 Meter Breite und Höhe) hat ein Verhältnis Breite-Höhe
von 1:1, normale Pkws 0,7 bis 0,9, Großraumlimousinen wie der Sharan
0,95 und Kleintransporter 1- 1,5, Lkws teilweise noch mehr. Wem 1:1 zu
wenig ist, kann sich auch ein Ökomobil mit ESP oder mit Neigeautomatik
kaufen, diese Technik ist schon entwickelt, z. B. in einer Studie von
BMW.
Dank des geringen Parkflächenbedarfs des Ökomobils und der zusätzlich
gewonnenen Flächen durch den Hauptstraßenrückbau können
auch an allen Haltestellen des Öffentlichen Verkehrs - auch in den
Städten - genügend P+R-Plätze angeboten werden. Man kann
also mit dem Ökomobil ganz in die Nähe eines Bahnhofs oder einer
Haltestelle fahren und dann auf ein öffentliches Verkehrsmittel umsteigen.
Wer mit dem Öffentlichen Verkehr in die Stadt kommt, kann an den
Ökomobil-Parkplätzen ein solches Fahrzeug auch ausleihen - er
schiebt einfach eine Chipkarte in einen Schlitz und holt sie nach der
Fahrt wieder heraus. Die Kosten werden dann automatisch abgebucht.
Reform des Öffentlichen Verkehrs: Die M-Bahn
Die M-Bahn (M steht für "Magnetschwebe") ist ein vom Autor
erfundenes Kleinkabinen-Magnetschwebe-bahn-System. Es soll so effizient
sein, dass es den überregionalen Autoverkehr, den öffentlichen
Personen-Schienenverkehr und den innerkontinentalen Flugverkehr abdecken
und ersetzen kann. Die M-Bahn funktioniert zuverlässig, sicher, schnell,
flächen- und umweltsparend und unabhängig von jeder Witterung.
Bis es soweit ist, muss jedoch vor allem im Bereich der Verkehrssteuerung
noch viel Entwicklungsarbeit geleistet werden.
Grundprinzip
Es stellt ein einheitliches und Prinzip her internationales Verkehrssystem
dar, bei dem ein oder maximal 6 Fahrgäste in einer individuell und
automatisch gesteuerten Kleinkabine direkt zur Zielhaltestelle gefahren
werden. Die Fahrt könnte im Prinzip ohne Unterbrechung und Umsteigen
von Lissabon in Portugal nach Wladiwostok (russische Stadt am Pazifik)
führen, also über eine Distanz von mehr als 15.000 km. Natürlich
sind aber Unterbrechungen oder neue Zieleingaben jederzeit möglich.
Der Unterschied zum Auto liegt darin, dass die Fahrt nicht von Haus zu
Haus bzw. von Parkplatz zu Parkplatz, sondern von Haltestelle zu Haltestelle
geht. Man kommt also mit der M-Bahn nicht überall hin, sondern nur
so weit, wie die Grenze des öffentlichen M-Bahn-Systems reicht. Danach
ist aber nicht Schluss, sondern muss umgestiegen werden auf ein Verkehrsmittel
des Individualverkehrs, sei das ein Fahrrad, ein Ökomobil oder auch
auf die eigenen Füße. Nur in Ausnahmefällen wird man mit
Bussen oder Taxis weiterfahren.
Die M-Bahn ist ein Jahrhundertprojekt, so wie die Eisenbahn im 19. Jahrhundert
und das Automobil im 20. Jahrhundert. Im Unterschied dazu überzieht
sie das Land nicht mehr mit neuen Verkehrswegen, sondern nutzt die schon
reichlich vorhandenen kreuzungsfreien Schienentrassen und Autoschnellstraßen.
Technische Grundlagen
Die Magnetschwebebahn besteht aus einzelnen Kabinen mit jeweils gleichem
Aufbau. Sie ruhen auf Tragarmen, die nach unten den Fahrweg umgreifen
und mit Führ- und Tragmagneten bestückt sind. Dadurch bleibt
die Kabine in der Spur und in der Schwebe. Der Antrieb befindet sich im
Fahrweg und besteht aus Stator-Paketen, die ein magnetisches Wanderfeld
erzeugen, von dem das Fahrzeug mitgezogen werden. Dieses Antriebssystem
muss nicht auf der ganzen Strecke arbeiten, sondern beschränkt sich
auf die Sektoren, in denen sich gerade ein Fahrzeug bewegt.
Dank dieser Technik gibt es keine Motor- und Rollgeräusche, sondern
nur ein Luftrauschen, das mit steigender Geschwindigkeit zunimmt. Der
Energieverbrauch ist sogar noch geringer als im Schienenverkehr. Die M-Bahn
beschleunigt mehr als viermal so schnell wie ein ICE, auch deutlich schneller
als eine U-Bahn. Sie kann Steigungen von 10% bewältigen, also 2,5
mal so viel wie ein Schienenfahrzeug. Auch ihre Kurvenradien sind bei
300 km/h nur halb so groß wie beim ICE: Dank dieser Eigenschaften
kann die M-Bahn problemlos auch den Mittelstreifen von Autobahnen nutzen.
Kabinen
Es gibt zwei Arten von M-Bahn-Kabinen: die Standard-Kabine für den
Stadtverkehr und verschiedene Kabinen für den Überlandverkehr
entsprechend einer verschiedenen Anzahl von Fahrgästen, ihrer unterschiedlichen
Bedürfnisse (z. B. Schlafkabinen, Konferenzkabinen etc.) und der
unterschiedlicher Art und Form des mitgeführten Gepäcks, z.
B. Fahrräder. Die verschiedenen Kabinen für den Überlandverkehr
werden an Hauptbahnhöfen mit einem Einzugsgebiet von etwa 100.000
Einwohnern bereitgehalten, während an einzelnen Bahnhöfen aus
Kostengründen nur die Standardkabine für einen Erwachsenen und
zwei Kinder benutzt werden kann. Alle Kabinen haben eine Breite und Höhe
von jeweils 1,4 Meter, die Standardkabine ist 70 cm lang, während
die Länge der Überlandkabinen von 1 m bis 5 Meter variieren
kann.
Bei der Standardkabine gibt es nur einen komfortablen Sitzplatz für
einen Erwachsenen quer zu Fahrtrichtung, während rechts und links
der Tür kleine hochklappbare Kindersitze angeordnet sind. Eine 60
cm breite Flügeltür ermöglicht ein bequemes Ein- und Aussteigen.
Bis zu 6 Standardkabinen können während der Fahrt zusammengekoppelt
werden, so dass etwa ein Familie dann nebeneinander sitzen und sich auch
unterhalten kann, da die Seitenfenster in diesem Fall geöffnet werden
können.
Zugbildung
Während der Fahrt werden die einzelnen Kabinen automatisch aneinander
gekoppelt, so dass mehr oder weniger lange Züge entstehen, die in
Abständen von mindestens einer Minute verkehren. Das senkt den Energieverbrauch
um ein Vielfaches. Der Grund liegt nicht nur im geringeren Luftwiderstand,
sondern auch in der Möglichkeit der Magnetschwebetechnik, den Antrieb
immer nur für bestimmte wandernde Sektoren bereit zu stellen. Eine
weitere Möglichkeit der Energieeinsparung bei Geschwindigkeiten von
mehr als 100 km/h - also im überregionalen Verkehr - besteht darin,
am Zuganfang und Zugende jeweils eine aerodynamisch geformte Kabine fahren
zu lassen. Sie hat dann vorne eine halbkugelförmiges Front und verjüngt
sich hinten.
Weichen und Kreuzungen
Das Netz der M-Bahn ist zumindest in seinem Endzustand sehr dicht und
engmaschig, es gibt daher sehr viele Kreuzungen. Anders als bei einem
herkömmlichen Zug, der als ganzer geradeaus weiterfährt oder
abbiegt, besteht der M-Bahn-Zug aus vielen Einzelkabinen, von denen einzelne
ausscheren und abbiegen, während der Rest geradeaus weiterfährt.
Die Koppelung der Kabinen wird daher vor einer Kreuzung aufgelöst,
die Kabinen werden etwas auseinandergezogen, damit dieses Abbiegen funktionieren
kann. Die 150 Meter langen und aufwändig gefertigten Stahlbiegeweichen
der traditionellen Magnetschwebetechnik sind für die M-Bahn nicht
geeignet, da sie viel zu lange Zeit brauchen, bis sie wieder zurückgebogen
werden können. Ein M-Bahn-Zug müsste dann kilometerweit auseinander
gezogen werden und ganz langsam fahren.
Das ist aber nicht notwendig, wenn man die Weiche speziell an die Anforderungen
der M-Bahn anpasst. Sie funktioniert folgendermaßen: Auf der linken
Dachkante jeder Kabine ist ein dritter Trägerarm montiert, der normalerweise
senkrecht steht. Beim Abbiegen schwenkt er nach rechts, so dass vier Räder
in waagrechter Stellung bereitstehen. Von rechts wird eine oberhalb des
Daches befindliche Fahrbahn herangeführt, die an Stützpfeilern
rechts der M-Bahn-Trasse verankert ist. Die Räder des Tragarmes setzen
auf den Fahrweg der Weiche auf, der nach rechts bis über eine zweite,
rechts neben der Durchgangsstrecke verlaufende Magnetfahrbahn geführt
wird. Dort wird dann die Kabine auf diese Fahrbahn abgesenkt.
Im Bahnhofs- bzw. Haltestellenbereich gibt es also zwei parallele Fahrbahnen.
Die innere linke dient dem Durchgangsverkehr, die rechte dem Abbiegen
und Anhalten sowie als Wartezone für Kabinen, die auf das Einfädeln
in den nächsten Zug warten. Die Kreuzungen haben analog den Autobahnkreuzungen
eine Kleeblattform oder eine andere kreuzungsfreie Form, vor allem bei
Einmündungen.
Trassen
Alle Trassen müssen kreuzungsfrei sind, so dass Kollisionen mit anderen
Verkehrsteilnehmern ausgeschlossen sind. Daher bieten sich folgende schon
bestehende Verkehrstrassen für die M-Bahn an:
Autobahnen
Autobahnen und Schnellstraßen haben relativ große Radien und
Steigungen unter 10%, sie sind also für den schnellen überregionalen
Durchgangsverkehr von M-Bahnen (300 - 400 km/h) optimal geeignet. Da sie
meist in deutlichem Abstand zu Siedlungen geführt werden, gibt es
nur wenige Haltepunkte und Kreuzungen. Die M-Bahn-Trasse auf dem Mittelstreifen
kann daher in weiten Teilen mit einer Richtungsfahrbahn und damit mit
dem vorhandenen Platz auf dem Mittelstreifen auskommen. Zum Abbiegen wird
eine zweite Fahrbahn über der ersten geführt.
Eisenbahn-Trassen
Die Eisenbahnen haben den Vorteil, dass die Bahnhöfe zentral oder
günstig in Siedlungen gelegen sind. Das ermöglicht eine sehr
gute Verknüpfung der M-Bahn in der Fläche bzw. mit dem individuellen
Verkehr. Daher sind Eisenbahnlinien ideal als M-Bahn-Trassen für
den regionalen Verkehr geeignet. Doch wie verträgt sich die M-Bahn
mit dem Bahnverkehr? Da die M-Bahn den öffentlichen Schienenverkehr
komplett ersetzt, ist bleibt nur der Schienen-Güterverkehr übrig,
der aber in Zukunft eine viel größere Bedeutung haben soll
als heute. Dieses Problem wird gelöst, indem die Schienengleise tiefergelegt
werden, wobei der Schotterunterbau durch eine sog. "feste Fahrbahn"
ersetzt wird. Außerdem wird die Bahntrasse "eingehaust",
also in ein Gehäuse aus Betonplatten verlegt. Darüber verläuft
die M-Bahn-Trasse, und zwar wegen der vielen Bahnhöfe und Kreuzungen
meistens mit einer zweiten Spur, also insgesamt vierbahnig. Nähere
Einzelheiten im nächsten Abschnitt "Güterverkehr".
Die Geschwindigkeit auf dieser Art von Trasse hängt von den Kurvenradien
und der Zahl der Kreuzungen und Bahnhöfe ab, dürfte sich aber
in einem Bereich zwischen 100 km/h und 300 km/h bewegen.
U-Bahn- und S-Bahn-Trassen
Diese Strecken sind nur für den öffentlichen Personennahverkehr
gebaut, der durch die M-Bahn überflüssig wird. Diese Trassen
können also voll für die M-Bahn genutzt werden. Sie sind breit
genug für einen vierspurigen M-Bahn-Verkehr. Auf diese Weise kann
die M-Bahn auch die Ballungsräume und Stadtzentren von Großstädten
und Metropolen erschließen. Die Geschwindigkeit wird in den Innenstädten
rund 50 km, in der äußeren Peripherie der Ballungsräume
50-100 km betragen.
Straßenbahnen
Das Netz der Straßenbahnen ist - wenn vorhanden - in der Regel weit
engmaschiger als das U-Bahn-Netz. Die Trassen verfügen oft über
einen eigenen Gleiskörper und Tunnel oder Brücken. Um als M-Bahn-Trasse
dienen zu können, müssen alle niveaugleichen Kreuzungspunkte
mit dem übrigen Verkehr durch Tunnel- oder Brückenbauten kreuzungsfrei
gestaltet werden. Dann ist dieses Netz optimal für die Feinverteilung
des öffentlichen Nahverkehrs in Großstädten geeignet.
Die Geschwindigkeit wird im Bereich 30-50 km liegen.
Alle Fahrbahnen der M-Bahn sollten durch eine äußere Hülle
vor der Witterung geschützt werden, wobei die zumindest in Sichthöhe
durchsichtig sein soll, damit die Fahrgäste nach die Umgebung sehen
können. Eine solche Hülle ist wegen der geringen Abmessungen
der M-Bahn nicht sehr teuer und hat den Vorteil, dass Anwohner und Umwelt
von jeglicher Geräuschbelästigung durch die M-Bahn geschützt
sind. Außerdem verlängert sich durch den Witterungsschutz die
Lebensdauer der Fahrbahn und ihrer Bestandteile enorm.
Bahnhöfe und Haltestellen
Die Gebäude der bestehenden Bahnhöfe und Haltestellen des Schienenverkehrs
mit ihrer Infrastruktur (Läden, Gaststätten etc.) können
weiter genutzt werden. Bahnhöfe sind bis jetzt vor allem als Umsteigepunkte
wichtig, sie sind aber auch Enthaltepunkte für den meist sehr dicht
besiedelten Einzugsbereich in ihrem Umkreis. Die Umsteigefunktion der
Bahnhöfe entfällt bei der M-Bahn zwar für die Standardkabinen,
weil diese ohne Umsteigen direkt zum Ziel gesteuert werden, die Hauptbahnhöfe
dienen aber weiterhin dem Umsteigen zwischen Standard- und Spezialkabinen.
So kann z. B. eine Familie von einem Vorort mit drei aneinander gekoppelten
Einzelkabinen zum Hauptbahnhof fahren und dort für eine Reise nach
Italien in eine Kabine für 4 Personen umsteigen. Diese Kabine mit
ihren um einen Tisch gruppierte vier Sitzen ist dann ideal für längere
Fahrten - eine Fahrt von 2000 km z. B. von Hamburg nach Rom dauert mit
der M-Bahn rund sechs Stunden.
Verkehrssteuerung
Das technische Hauptproblem der M-Bahn ist die Verkehrssteuerung der einzelnen
Kabinen, die einzeln über das weitverzweigte und relativ engmaschige
M-Bahn-Netz zum Ziel geführt werden müssen. Dabei müssen
sie immer wieder abbiegen und in neue M-Bahn-Züge integriert werden.
Dieses Problem ist technisch lösbar, denn die wichtigsten Komponenten
sind schon vorhanden. So wurde in den 80er Jahren im Verkehrsprojekt "Prometheus"
die elektronische Abstandhaltung und die Kolonnenbildung von Pkws erforscht.
Heute gibt es bereits Geräte wie der "Tempomat" zur Einhaltung
einer konstanten Geschwindigkeit oder eine konstante Abstandhaltung zum
vorderen Fahrzeug im Handel. Auch Navigationsgeräte für Pkw,
die an jeder Straßenkreuzung in Europa eine notwendige Richtungsänderung
anzeigen, sind schon für 700 Euro zu haben. Bei schienengebundenen
Fahrzeugen ist eine automatische Verkehrssteuerung viel leichter zu realisieren
als im Autoverkehr, weil sie alle Fahrzeuge hinsichtlich Geschwindigkeit
und Richtungswechseln kontrollieren und steuern kann. Autofahrer hingegen
haben ihren eigenen Willen und reagieren manchmal unkontrolliert.
Die Verkehrsleistung der M-Bahn
Verkehrsleistung wird hier rein quantitativ definiert die Zahl der Personen,
die auf einer Fahrbahn in einer Richtung pro Stunde befördert werden
können. Sie beträgt bei einer Stadtstraße mit zahlreichen
Kreuzungen und Ampeln rund 700 Kfz oder rund 1000 Personen, wenn ein Auto
mit durchschnittlich 1,5 Personen besetzt ist. Bei einer S-Bahn im 5-Minuten-Takt
und einer Beförderungskapazität von 1000 Personen beträgt
sie dagegen 12.000 Personen, das gleiche gilt für eine U-Bahn, die
alle 2,5 Minuten verkehrt und 500 Personen transportiert. Eine M-Bahn,
die im Minutentakt verkehrt und pro Zug 200 Personen befördert, hat
eine Verkehrsleistung von 60 x 200 = 12.000, also die gleiche Leistung
wie U-Bahn oder S-Bahn. Diese sowieso schon hohe Leistung könnte
noch verdoppelt werden, wenn die U-Bahn- oder S-Bahn-Trasse in zwei Stockwerken
verläuft oder wenn die Taktfrequenz von einer Minute auf eine halbe
verdoppelt wird. Beides ist problemlos möglich: Da eine Kabine nur
1,4 Meter hoch ist, reicht eine Tunnelhöhe von 5 Meter leicht für
zwei Stockwerke aus; auch die Zugfrequenz an Haltestellen kann leicht
auf zwei pro Minute erhöht werden, weil ja immer nur eine Person
(evtl. mit 1-2 Kindern) in jeder Kabine aus- und einsteigen muss. Kombiniert
man diese beiden Maßnahmen, ergibt sich sogar eine maximale Verkehrsleistung
von 4 x 12.000 = 48.000, also viermal soviel wie eine S- oder U-Bahn.
Bisher war nur von der Verkehrsleistung auf freier Strecke die Rede. Doch
wie sieht es an den Haltestellen aus? Hier gibt es heute im öffentlichen
Personenverkehr an den Kreuzungspunkten Probleme. Vor allem rund um die
Hauptbahnhöfe, die gleichzeitig auch Kreuzungspunkte von U-Bahnen,
S-Bahnen, Straßenbahnen und Buslinien sind, drängen sich auf
den zahlreichen Unterführungen, Rolltreppen und Bahnsteigen in Stoßzeiten
unzählige Menschen, die hier umsteigen müssen. Der öffentliche
Verkehr beruht vor allem in Ballungsräumen auf einem sternförmigen
Liniennetz mit dem Hauptbahnhof im Zentrum, von dem aus die Linien in
alle Richtungen strahlenförmig verlaufen.
Ganz anders bei der M-Bahn. Hier gibt im Nahverkehr überhaupt kein
Umsteigen, jede Kabine fährt direkt von der Starthaltestelle zur
Zielhaltestelle. Die Hauptbahnhöfe dienen lediglich dem Umsteigen
von der Standardkabine in eine von mehreren Spezialkabinen der M-Bahn.
Da hier dank einer Vielzahl von Gleisen und Bahnsteigen genug Platz vorhanden
sind, gibt es keine Kapazitätsprobleme.
An jeder Haltestelle steigen immer nur diejenigen Fahrgäste ein oder
aus, die vom Einzugsbereich dieser Haltestelle kommen oder in diesen gelangen
wollen. Es wechselt also vor jeder Haltestelle immer nur ein Teil der
Kabinen eines M-Bahn-Zuges von der linken in die rechte Spur, bremst und
hält an. Reicht ein vorhandener U-Bahnsteig von z. B. 90 Meter Länge
für die ankommenden oder abfahrenden Fahrgäste der M-Bahn aus?
Gehen wir von einem Zug mit einer Länge von 200 Kabinen aus. Für
jede M-Bahn-Kabine gibt es am Bahnsteig eine benachbarte Ein- und Ausstiegskabine
von jeweils 75 cm Breite, damit sich die ein- und aussteigenden Fahrgäste
nicht gegenseitig behindern und ein zügiges Ein- und Aussteigen ohne
Gedränge möglich ist. Beide Kabinen haben also eine Breite von
1,5 Meter. Die Kapazität eines 90 Meter langen Bahnsteigs beträgt
also 90:1,5 = 60 Personen (Kinder nicht mitgezählt), d. h. 30% der
gesamten Zugkapazität von 200 Personen. Insgesamt können an
einem Bahnsteig bzw. einer Haltestelle also 60 x 60 = 3600 Personen pro
Stunde ein- und aussteigen. Durch die schon erwähnten Maßnahmen
(zwei Stockwerke und/oder doppelte Taktfrequenz kann diese Kapazität
noch einmal bis auf 14.400 pro Stunde gesteigert werden. Wenn im Einzugsbereich
der Haltestelle z. B. ein Fußballstadion liegt, dann kann die Kapazität
in einer Richtung sogar bis auf 48.000 Personen pro Stunde bzw. auf 96.000
in zwei Richtungen erhöht werden. Voraussetzung dafür ist ein
300 Meter langer Bahnsteig, bei dem dann sogar alle 200 Personen eines
M-Bahn-Zuges aussteigen können.
Eine solch große Verkehrsleistung ist nur möglich, wenn die
einzelnen Kabinen zu Zügen zusammengefasst werden. Würden die
Kabinen dagegen einzeln und in unregelmäßigen Abständen
ankommen, würde jede haltende Kabine die folgenden blockieren, so
dass nur noch ein Teil des Bahnsteiges zum Ein- und Aussteigen zur Verfügung
stehen würde. Die Zugbildung spart wegen des verkleinerten Luftwiderstandes
auch viel Energie.
Güterverkehr
Güterverkehr - mit herkömmlichen Mitteln nicht zu reformieren
Seit Jahrzehnten ist das immer gleich lächerliche Schauspiel zu beobachten:
Jedes Jahr fordern Politiker aller Parteien, mehr Güterverkehr von
der Straße auf die Schiene zu verlagern, doch die Verkehrsstatistiken
beweisen jedes Jahr, dass das Gegenteil geschehen ist. Besonders drastisch
war dieser Zuwachs für die Straße in den 90er Jahren, aber
auch dieses Jahrzehnt wird dank der EU-Osterweiterung wieder für
eine gewaltige Steigerung des Straßengüterverkehrs sorgen.
Auf vielen Autobahnen wirkt der rechte Fahrstreifen wie ein Lkw-Förderband,
die "Brummis" reihen sich zu einer endlosen Schlange aneinander
und blockieren bei Überholvorgängen auch oft die linke Spur.
Was tun? Zügig werden die wichtigen Autobahnen dreispurig ausgebaut,
damit zumindest die linke Spur Lkw-frei bleibt. Aber auch das bleibt ein
frommer Wunsch, denn jetzt drängen unzählige Kleintransporter
mit Tempo 150 auf die äußerste linke Fahrbahn.
Auf den Schienen sind dagegen Güterzüge zu einer seltenen Erscheinung
geworden, und das, obwohl auch die neuen Hochgeschwindigkeitstrassen etwa
zwischen Würzburg und Hannover für den schnellen Güterverkehr
tauglich gemacht wurden. Auf den Flughäfen feiert dagegen der Frachtflugverkehr
stolze Zuwachsraten. Irgend etwas läuft da schief. Welche Ursachen
hat diese für die Umwelt und die geplagten Anwohner an Hauptstraßen,
Autobahnen und Flughäfen fatale Entwicklung?
Straßen-Güterverkehr
Der zunehmende Güterfernverkehr auf der Straße hat mehrere
Ursachen. Eine davon hat mit Verkehr direkt nichts zu tun: es ist die
Globalisierung, auch internationale Arbeitsteilung genannt, die das Frachtverkehrsaufkommen
in immer Schwindel erregendere Höhen treibt. Angetrieben von Kostenvorteilen
und Subventionen auf Bundes- und EU-Ebene, transportieren riesige LKW-Flotten
beispielsweise Rinderhälften von Schottland nach Italien und umgekehrt
oder tragen die Bestandteile eines Joghurt-Bechers aus ganz Europa zusammen.
Ein solcher sozial- und umweltschädlicher Transportzirkus ist in
vielen Fällen nicht sinnvoll und ließe sich durch eine radikale
Anhebung von Steuern für fossile Energien und Straßenmautgebühren
wirkungsvoll unterbinden.
Davon abgesehen hat der Lkw-Güterverkehr auf der Straße gegenüber
dem Güterverkehr auf der Schiene den gleichen Vorteil, den auch Autos
gegenüber dem Schienen-Personenverkehr haben: sie fahren direkt vom
Start zum Ziel. Kein tagelanges Warten auf Rangierbahnhöfen, kein
Umladen auf die Bahn und von der Bahn. Die Fracht kommt also schnell und
auch relativ kostengünstig - dank niedriger Löhne für Lkw-Fahrer,
niedriger Treibstoffkosten und kostenloser Straßenbenutzung. Der
traditionelle Gleisanschluss von Industrie- und Gewerbebetrieben spielt
heute außer bei Großbetrieben keine Rolle mehr. Damit entfällt
auch ein großer Kostenvorteil der Bahn beim Schienenfrachtverkehr
von Gleisanschluss zu Gleisanschluss.
Schienen-Güterverkehr
Die Absenkung des Transportvolumens auf der Schiene kommen der Bahn gar
nicht so ungelegen. Die Kapazität der Schienenstrecken ist durch
die unterschiedlich schnellen Züge des Personenverkehrs oft bis an
die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit ausgelastet. Deswegen fahren
Güterzüge fast nur noch nachts, wenn der Personenverkehr kaum
noch eine Rolle spielt. Die starke Belastung der Strecken zeigt sich auch
in der Tatsache, dass viele Strecken heute schon auf drei oder vier Gleise
erweitert werden, z. B. zwischen München und Augsburg.
Zum Problem unterschiedlich schneller Züge kommt auch noch die veraltete
Signaltechnik der Bahn nach dem Blocksystem, die sich seit Mitte des 19.
Jahrhunderts, also seit über 150 Jahren nicht geändert hat.
Dabei darf immer nur ein Zug einen sog. Block befahren, Signale sorgen
dafür, dass kein zweiter einfahren kann. Dadurch haben die Züge
einen Abstand von mehreren Kilometern, was auch durch den kilome-terlangen
Bremsweg eines Zugs bedingt ist. Der größte Bremsfaktor beim
Güterverkehr ist aber die Tatsache, dass die Züge immer wieder
auf Rangierbahnhöfen neu zusammengestellt werden muss, was natürlich
sehr viel Zeit kostet. Fazit: die Forderung "mehr Fracht auf die
Schiene" ist unter den heutigen Bedingungen reine Utopie, einsichtige
Politiker sind denn auch von dieser Forderung längst abgerückt.
Die Zukunft des Güterverkehrs
Güter auf die Schiene - aber anders
Frachtgüter sind fast immer schwerer als Menschen, und daher spielt
die Reibung zwischen Fahrzeug und Fahrbahn eine entscheidende Rolle. Diese
ist bei Stahl - Stahl (Eisenbahn) wesentlich geringer als bei Gummi -
Asphalt (Straßenverkehr). Der Luftwiderstand ist dagegen wegen der
geringeren Geschwindigkeit weniger wichtig. Daher ist die Schiene für
den größten Teil des Güterverkehrs der ideale Transportweg.
Wenn die Schienen nicht schon erfunden worden wären, müsste
man sie für den Güterverkehr neu erfinden. Zum Glück sind
sie aber schon vorhanden und sollte in Zukunft ausschließlich für
den Güterverkehr genutzt werden, nachdem die Eisenbahnen dann für
den Personenverkehr nicht mehr gebraucht werden.
Es wurde schon gesagt, dass die Schienentrassen für die zukünftige
M-Bahn sehr sinnvoll wären. Andererseits werden sie für den
zukünftigen Güterverkehr unbedingt gebraucht. Wie lässt
sich dieser Widerspruch auflösen? Ganz einfach: durch zwei Ebenen
- unten der Schieneweg für den Güterverkehr und oben die M-Bahn
für den Personenverkehr. Wie kann man sich das konkret vorstellen?
Bis jetzt sind die Schienen meistens auf einem Schotterbett verlegt, das
spart Investitionskosten und verursacht dafür mehr Reparaturkosten.
Auf neuen Hochgeschwindigkeitsstrecken wie zwischen Nürnberg und
Ingolstadt wird dagegen eine sog. "feste Fahrbahn" gebaut, bei
der die Schienen präzise auf Betonplatten im Untergrund verlegt werden.
Das ist zwar teurer, senkt aber die Wartungskosten, so dass es sich langfristig
lohnt.
Ein solches Fundament ist auch für die zukünftigen Bahnstrecken
ideal. Man kann dann auch die Schienen insgesamt tieferlegen und so gegenüber
vorher Höhe sparen. Die Betonplatten sind gleichzeitig ideal als
Fundament für die "Einhausung" der Schienentrasse geeignet
- es werden einfach an den beiden Außenkanten senkrechte Betonplatten
und über diese eine waagrechte Betonplatte als Dach montiert. Damit
wird der lärmintensive Schienen-Güterverkehr - Güterzüge
sind oft kilometerweit zu hören, besonders wenn sie über Brücken
fahren - in Zukunft unhörbar. Eine Begrünung de Flanken der
Einhausung sorgt dafür, dass die Eisenbahnstrecken auch nahezu unsichtbar
werden. Auf den Deckenplatten der Einhausung werden dann die Fahrbahnen
der M-Bahn montiert. Auch hier empfiehlt sich eine Einhausung, wobei allerdings
Glasplatten an beiden Seiten für eine freie Sicht der Fahrgäste
nach außen sorgen.
Vorraussetzung für eine solche kombinierte Verkehrstrasse ist natürlich
ihre vollständige Kreuzungsfreiheit, die ebenso wie die Einhausung
erhebliche Investitionskosten verschlingt. Dafür hat man die nächsten
100 Jahre fast keine Wartungskosten mehr - ein erheblicher Vorteil, wenn
man an die ständigen Straßen- und Schienenausbesserungen denkt,
die jedes Jahr viele Milliarden Euros kosten.
Eine solche Schienentrasse hat für den Güterverkehr gleich mehrere
Vorteile.
§ Der führerlose Zugverkehr, der heute schon bei der U-Bahn
in Rennes (Frankreich) funktioniert, kann dann problemlos für den
Güterverkehr eingesetzt werden. Das ist bei der Bahn schon heute
angedacht, die "Siemens Verkehrstechnik GmbH" hat ein marktreifes
System für ein führerloses Funkleitsystem für den Zugverkehr
entwickelt.
§ Beim reinen Güterverkehr ohne Menschen ist natürlich
der Sicherheitsaspekt nicht mehr so wichtig. Statt der veralteten Signaltechnik
kann man die Güterzüge der Zukunft mit einem wesentlich geringeren
Abstand als heute fahren lassen. Die Verkehrssteuerung funktioniert wie
schon bei der M-Bahn beschrieben: Die einzeln angetriebenen und gesteuerten
Waggons werden ohne Zwischenaufenthalte vom Start zum Ziel gesteuert.
Auf freier Strecke werden sie automatisch und mechanisch gekoppelt, vor
Abzweigungen bzw. Weichen wird diese Kopplung gelöst. Der Zug zieht
sich dann weit auseinander, damit genügend Abstand zwischen den Waggons
bleibt und die Weiche wieder zurückspringen kann, bevor sich der
nächste Waggon nähert.
§ Da die Schienen vor den Unbilden der Witterung (Schnee und Eis,
umstürzende Bäume, eingefro-rene Weichen etc.) geschützt
sind, gibt es natürlich auch keine Verspätungen des Zugverkehrs
mehr. Die Waggons können mit einem Durchschnittstempo von mehr als
100 km - also auch schneller als der heutige Lkw-Verkehr - absolut pünktlich
und zuverlässig ans Ziel geführt werden.
§ Umwelt und Menschen werden vor Verkehrslärm und Verkehrsgefahr
durch den Güterverkehr geschützt. Beim Umbau sollte darauf geachtet
werden, durch entsprechende Tunnel und Brücken die Trennwirkung dieser
neuen Verkehrswege für Mensch und Tier zu minimieren.
Schneller Güterverkehr mit der M-Bahn
Für den schnellen Stückgutverkehr ist die M-Bahn sehr gut geeignet.
Individuell gesteuerte spezielle Frachtkabinen fahren ebenso wie im Personenverkehr
direkt vom Startbahnhof zum Zielbahnhof. In diesem Fall handelt es sich
um Güterbahnhöfe, auf denen die Güter von Lkws und Transportern
automatisch auf den Frachtkabinen umgeladen werden. Großbetriebe
mit einem großen Stückgut-Frachtaufkommen können natürlich
auch eigene Frachtbahnhöfe betreiben, die dem Gleisanschluss im Schienengüterverkehr
entsprechen. Ein Stückgut bzw. ein Container von 120 x 120 x 200
cm kann dann etwa von Barcelona nach Frankfurt in maximal 5 Stunden geliefert
werden. Der Flugfrachtverkehr wird daher durch den M-Bahn-Frachtverkehr
praktisch überflüssig.
Güterverkehr auf der Straße - in Zukunft kein Thema mehr
Es leuchtet ein, dass die heutige Dominanz von Lkws auf den Fernstraßen
dank dieser neuen, technologisch um ein Vielfaches effizienteren Verkehrsmittel
endgültig ausgespielt hat. Lkws und Kleintransporter haben im Fernverkehr
dann nur noch eine untergeordnete Funktion bei der Zu- und Ablieferung
der Güter. Der regionale Straßenfrachtverkehr wird dagegen
etwa gleich bleiben, weil Zukunft kleine, regionale Kreisläufe wieder
viel wichtiger werden und daher auch das entsprechende Transportvolumen
steigen wird. Dies wird aber mehr als ausgeglichen durch die starke Abnahme
des Güterfernverkehrs, dessen Quell- und Zielverkehr fast immer den
Regionalverkehr verstärkt.
Um die Belastungen durch den regionalen motorisierten Güterverkehr
zu verringern, sollte die maximale Fahrzeuggröße auf 2,30 Meter
Breite, 10 Meter Länge, 4 Meter Höhe und 20 Tonnen Gewicht beschränkt
werden. Große Lkws passen nicht zu engen Stadt- und Landstraßen,
sie wirken nicht nur bedrohlich, sie sind es auch. Außerdem sollte
für Lkws ein Hybridantrieb vorgeschrieben werden, wobei innerhalb
von Siedlungen der geräuschlose Elektromotor zum Zuge kommt, während
auf dem Land ein Elsbett-Dieselmotor auf Pflanzenölbasis den Antrieb
liefert. Zusätzlich könnte eine Lärmsteuer für niedrige
Schallemissionen sorgen.
Das neue Verkehrssystem in konkreten Beispielen
Die tägliche Fahrt eines Pendlers
Im Unterschied zu früher muss Industriekaufmann Franz B. nur noch
zwei Mal pro Woche zur Arbeit fahren, die meiste Arbeit kann er zu Hause
am Computer erledigen. Aber heute ist es wieder soweit. Zum Glück
ist die Straße trotz Neuschnee geräumt, und so braucht er nur
10 Minuten Fahrzeit von der Jurahochfläche ins Tal herunter. Anstatt
vor Weißenburg auf die B2 abzubiegen und in rund 50 Minuten Autofahrt
seinen Arbeitsplatz zu erreichen, fährt er jetzt weiter in Richtung
Bahnhof. An der Stadtgrenze stellt sich sein Ökomobil, für das
sich inzwischen die Kurzform "Öko" eingebürgert hatte
automatisch auf Elektrobetrieb um. Am Weißenburger Bahnhof sind
jetzt alle Verkehrsfunktionen nach einem Umbau im Zuge der Verkehrsreform
unter einem Dach vereinigt: Parkplätze für Ökos, Fahrräder
und Elektrotaxis, der M-Bahnhof, der Güterbahnhof und das Paketpostamt,
dazu noch einige Läden. Der große Busbahnhof und die Parkflächen
für die Autos sind verschwunden, die freiwerdenden Flächen vergrößern
jetzt den Bismarck-Park.
Am Bahnhof muss er nicht lange auf den nächsten Zug warten, denn
jetzt im Berufsverkehr fahren die Züge jede Minute. Kaum hat er seine
markierte Wartefläche betreten und seine Chipkarte kurz eingesteckt,
als auch schon fast geräuschlos die M-Bahn-Kabinen heranschweben.
Lautlos öffnet sich eine Flügeltür, und Franz B. nimmt
auf dem bequemen Sessel Platz. Jetzt kann er noch in der nächsten
Viertelstunde auf dem Laptop ein wenig an seiner Präsentation feilen,
die er heute vortragen soll. Die M-Bahn schwebt derweil ruhig mit Tempo
180 auf ihrer Fahrbahn über der Bahnstrecke Weißenburg-Nürnberg
entlang. Hinter dem Main-Donau-Kanal biegt die Kabine von Herrn B. in
eine 500 Meter lange unterirdische Neubaustrecke zur früheren U-2-
Haltestelle Röthenbach ab. Die 46 km lange Fahrt mit der M-Bahn hatte
14 Minuten lang gedauert, früher mit dem Zug und der U-Bahn dagegen
55 Minuten.
Während der Wintermonate lässt Franz B. allerdings sein Fahrrad
im Fahrrad-Parkhaus stehen und geht stattdessen zum Stand mit den Ökos
Hier zieht er wieder seine Fahrkarte durch den Kartenautomaten und steigt
in sein wohlig temperiertes Gefährt ein, mit dem er nach 6 Minuten
Fahrt seinen Arbeitsplatz erreicht.
Urlaubsreise von Herrn und Frau H. in die Bretagne
Früher vor der Verkehrsreform hatte das Ehepaar Renate und Marko
H. mit dem eigenen Reisemobil die europäischen Urlaubsregionen erkundet.
Bei einem Benzinpreis von 5 Euro waren die weiten Fahrten zu den ausländischen
Urlaubszielen aber zu teuer geworden, das Paar hatte deswegen sein Reisemobil
verkauft und seinen Urlaub an die neuen Gegebenheiten angepasst.
Der Taxifahrer der Großraumlimousine hat in seinem Kofferraum genug
Platz, um mehrere Koffer, ein Schlauchboot und zwei Falträder einzuladen.
Nach fünfzehn Minuten Fahrt von der Vorstadt Zirndorf ist gegen 10
Uhr der Hauptbahnhof Fürth erreicht. Statt der früheren Gleise
und Bahnsteige steht heute ein großes Gebäude, in dem man in
die verschiedenen Kabinen der M-Bahn umsteigen kann. Mit dem Handy hatten
sie eine vier Meter lange Kabine bestellt, in der beide bequem nebeneinander
hinter einem hochklappbaren Tisch sitzen können, vor dem das ganze
Gepäck verstaut ist. Nachdem der Taxifahrer direkt neben der Kabine
geparkt und beim Einräumen geholfen hatte, setzt sich ihr Gefährt
drei Minuten später in Bewegung.
Die Fahrt geht bei Tempo 200 leise und erschütterungsfrei auf der
Bahnstrecke Nürnberg - Würzburg, bei Kissingen bog die Kabine
auf die Autobahntrasse Richtung Frankfurt ab. Dort geht es dann mit Tempo
300-350 bis zum früheren Flughafen Frankfurt, dessen Fläche
mittlerweile renaturiert wird. Hier biegt die M-Bahn auf die einstige
ICE-Hochgeschwindigkeitstrasse ein und fährt mit Tempo 400 zum Kölner
Hauptbahnhof, den sie gegen 12 Uhr erreicht. Dort parken die beiden, die
die Fahrtzeit mit Lesen und einem Brettspiel genutzt hatten, ihre M-Bahn-Kabine
am Kurzpark-Bahnhof, um in der Altstadt Mittag zu essen und den Kölner
Dom zu besichtigen.
Das nächste Ziel ist die Kathedrale von Chartres bei Paris (Ankunft
16.30), anschließend nehmen sie einen Kaffee in einem direkt neben
der Kathedrale gelegenem Bistro ein. Gegen 19 Uhr wird dann der Hauptbahnhof
von St. Malo erreicht, wo das vorgebuchte Reisemobil direkt neben der
M-Bahn-Kabine auf sie wartet. Nach den Übergabeformalitäten
stellen sie ihr rollendes Urlaubsdomizil auf dem Campingplatz bei St.
Malo ab und fahren mit den Klapprädern zum Abendessen in die wunderschöne
Altstadt von St. Malo. In einem Weinlokal am Hafen stoßen sie dann
auf den gelungenen Beginn ihrer Urlaubsfahrt an.
An diesem ersten Tag hatten sie schon nach insgesamt fünfstündiger
Fahrt ihr Fahrziel in 1500 km Entfernung erreicht und noch dazu einige
Sehenswürdigkeiten ohne Stress besichtigt. Die tagelangen Fahrten
auf langweilen Autobahnen waren jetzt überflüssig geworden.
Ihr weiterer Urlaub würde ebenso stressfrei sein - es gibt keine
Probleme mit Hotelsuche und sie können immer dort verweilen, wo es
ihnen am besten gefällt. Im Unterschied zur früher sind jetzt
die landschaftlich schönsten Gegenden - etwa die Cote de Granit rose
- für den Autoverkehr gesperrt. Hier stellen sie dann Ihr Reisemobil
auf einem Campingplatz ab und durchstreiften diese Gegenden mit dem Rad
und zu Fuß - dank der damit neugewonnenen Stille ein einmalig schönes
Erlebnis.
Neue Chancen für Fahrradkuriere
Für Fahrradkurier Bernd G. ist es eine Premiere. Zum ersten Mal lässt
er seinen teures High-Tech-Rad, mit dem er sieben Jahre lang in der Berliner
Innenstadt seine Kurierfahrten erledigt hatte, zu Hause stehen. Stattdessen
trägt er in der rechten Hand eine Tasche, in dem sein Brompton-Faltrad
verstaut ist, auf dem Rücken wie immer sein Transportsack. Bernd
G. ist der erste Fahrradkurier in Berlin, der die gerade im Umbau zur
M-Bahn begriffenen öffentlichen Verkehrsmittel beruflich nutzen will.
Immerhin drei U-Bahn- und eine S-Bahnlinien waren schon auf M-Bahn umgestellt
worden, und Bernd G. ist sicher, mit dem Geschwindigkeitsvorteil der M-Bahn
meistens schneller ans Ziel zu kommen als seine Kollegen.
Schon bei seinem ersten Auftrag hatte er Glück, denn die U2 und die
U6, die benutzen musste, waren beide M-Bahnen. Um 8.15 bekommt er seine
Zeichnung vom Architektenbüro Meier&Söhne ausgehändigt,
entfaltet dann vor dem Haus in 30 Sekunden sein Faltrad und fährt
über die Bergmannstraße auf den Mehringdamm. Früher war
das eine vielbefahrene vierspurige Straße mit häufigen Staus,
jetzt nach dem Straßenrückbau erwartet ein breiter doppelspuriger
Fahrradstreifen den Fahrrad-Profi. Auf der Überholspur zischt er
mit Tempo 35 an den Radler-Amateuren vorbei, während links von ihm
zweispurig und fast lautlos Ökomobile, vereinzelt auch einzelne Lieferwagen
und Autos gleichmäßig mit Tempo 50 an ihm vorbeifahren. Kein
Wunder, denn seit der Verkehrsreform wird die Höchstgeschwindigkeit
für motorisierte Fahrzeuge automatisch geregelt.
Als ihn ein auffällig gelb-rot-gemustertes Öko überholt,
erkennt er seinen Kollegen Eduard, der vor zwei Monaten vom Fahrrad auf
das bequemere motorisierte Fahrzeug umgestiegen war. Bernd kann ihn verstehen,
mit seinen 43 Jahren ist er nicht mehr so schnell mit dem Rad wie die
anderen jungen Kollegen. Neulich hatte ihm Eduard von seinen Erfahrungen
erzählt: "Junge, früher haben wir immer über die Autos
geschimpft, und jetzt fahre ich selber eines. Mit dem Öko komme ich
viel besser voran wie früher mit einem Auto, weil der Verkehr trotz
Straßenrückbau jetzt besser fließt. Kein Wunder, bei
zwei Rechts- und zwei Linksabbiegerspuren für Ökos an allen
Kreuzungen. Das beste ist aber mein Tretroller im Kofferraum, mit dem
ich auch in der Fußgängerzone ganz schnell vorankomme. Und
Öko-Parkplätze gibt es auch mehr als genug, fast an allen Hauptstraßen
gibt es auf beiden Straßenseiten Öko-Schrägparkplätze.
Also ich bereue nichts!"
Auf dem neu angelegten Mittelstreifen und am Gehsteigrand waren vor zwei
Jahren neue Platanen gepflanzt worden, Bernd G. freut sich über das
frische Grün, das jetzt im Mai überall zu sehen ist. Nach drei
Minuten zügiger Fahrt erreicht er die U-Bahn-Station Mehringdamm,
klappt sein Rad zusammen und läuft im Laufschritt die Treppe hinunter.
Am Bahnsteig sieht es jetzt anders aus als früher, die zugigen U-Bahn-Gleiskörper
auf beiden Seiten sind jetzt verschwunden. Der M-Bahn-Fahrweg ist hinter
einer Wand verborgen, davor stehen lauter kleine Kabinen, wobei sich Ausgangs-
und Eingangskabinen abwechselten. Jetzt im Berufsverkehr steht schon fast
überall ein wartender Fahrgast vor der Kabine, doch Bernd G. erspäht
einen leeren Platz in 20 Meter Entfernung. Kaum hatte er sich auf den
Weg gemacht, als sich überall die Kabinen öffnen und die Wartenden
eintreten. Bis sich die Türen wieder schließen, hat er noch
fast eine Minute Zeit - kein Problem also.
Der als Countdown rückwärts zählende Sekundenanzeiger steht
noch auf "22", als der Fahrradkurier in die Kabine eintritt,
deren Tür sich bei "Null" schloss. Durch die Glastür
auf der anderen Seite sieht er schon die bremsende M-Bahn, deren für
ihn bestimmte Kabine wenige Sekunden später vor seiner Tür hält.
Doch zunächst kommt dort eine ältere Frau heraus, die zwei große
Koffer neben sich herzieht. Als sie in der Ausgangskabine verschwunden
ist, öffnet sich endlich die Tür der Wartekabine und Bernd kann
eintreten, seinen Transportsack und sein Faltrad abstellen und auf dem
bequemen Sitz Platz nehmen.
Während die M-Bahn durch die dunkle Tunnelröhre glitt, schaut
Bernd G. auf die Uhr. Er ist jetzt sechs Minuten unterwegs, schon in sieben
Minuten würde er die Station Eberswalder Straße und dann nach
weiteren 5 Minuten Fahrradfahren seine Lieferadresse, die Baufirma Tiefhoch
GmbH in der Stargarder Str. 57 erreicht haben. Insgesamt also 18 Minuten
für ungefähr 10 Kilometer, wie er schätzt. Das wäre
ein Durchschnitt von über 30 km/h von Haus zu Haus, der als normaler
Fahrradkurier nie zu schaffen war. Sein neues Konzept war also wirklich
gut - die Kombination M-Bahn bedeutet weniger Stress und ist schnell und
sicher.
Die Verwirklichung der neuen Verkehrssysteme
Die hier vorgestellte neue Verkehrswelt erscheint momentan noch ziemlich
utopisch. Um sie zu verwirklichen, muss diese Vision zunächst einmal
von vielen Menschen unterstützt werden. Nur eine in der Gesellschaft
verankerte Vision kann ein solches Jahrhundertprojekt in die Gänge
bekommen.
Die Kraft von Visionen
Dazu ein Beispiel: Am Ende des 2. Weltkrieges wurden Atombomben in Hiroshima
und Nagasaki gezündet, die Hunderttausenden von Menschen das Leben
kosteten. Die gewaltige Kraft der Atomspaltung war damit bewiesen, und
es verbreitete sich die Hoffnung, diese Kraft eines Tages für friedliche
Zwecke zur Energiegewinnung nutzen zu können. Diese Hoffnung wurde
von den Medien genährt, die u. a. das Märchen in die Welt setzten,
Atomenergie werde so billig sein, dass sich der Einbau von Stromzählern
nicht mehr lohne. Sogar der Philosoph Ernst Bloch träumte davon,
die Sahara mit atombetriebenen Wasserentsalzungsanlagen in blühende
Gärten zu verwandeln. Die Regierung beeilte sich, die Atomforschung
mit Milliardensummen zu unterstützen und die anfangs widerstrebenden
Elektrizitätskonzerne mit ebenso gigantischen Subventionen für
den Bau von Atomkraftwerken zu gewinnen. Es wurde sogar ein Atomministerium
eingerichtet, um diese Aktivitäten zu koordinieren. Dank eines solchen
gesellschaftlichen Drucks dauerte es weniger als 20 Jahre von der Entstehung
der Idee bis zu ihrer Realisierung, als die ersten Atommeiler ihren Betrieb
aufnahmen.
Das Ziel einer radikalen Wende im Verkehrsbereich und mehr Lebensqualität
in Stadt und Land sollte eigentlich noch eine größere visionäre
Kraft entfalten als das Ziel einer neuen billigen Energieerzeugung. Von
daher sehe ich die Zukunft dieser Idee durchaus optimistisch. Daher stellt
sich die Frage, wie diese neue Vision umzusetzen sei. Natürlich muss
zunächst einmal die anwendungsorientierte Forschung gefördert
werden, es müssen bis zur Marktreife etliche Prototypen und Versuchsstrecken
gebaut und betrieben werden. Doch wie sollen die gewaltigen Investitionskosten
für die neuen Verkehrssysteme aufgebracht werden? Betrachten wir
dazu die geschichtlichen Beispiele der Einführung der Eisenbahn im
19. und des Automobils im 20. Jahrhundert:
Die Entwicklung der Eisenbahn
Gemäss der im 19. Jahrhundert vorherrschenden liberalen Wirtschaftsideologie
hielt sich der Staat weit-gehend zurück, als ab 1835 eine Eisenbahnlinie
nach der anderen aus dem Boden gestampft wurde. Das Geld wurde vielmehr
von Investoren und über Aktiengesellschaften beschafft, deren Gewinnerwartung
in der Folge nicht enttäuscht wurde. Auch die Fahrzeugentwicklung
überließ der Staat der Industrie, die dadurch einen Boom erlebte.
Die automobile Massenmotorisierung
Während in den USA die Massenmotorisierung schon in den 20er Jahren
des 20. Jahrhunderts anlief, geschah dies bei uns erst in den 60er Jahren.
In beiden Fällen war steigender allgemeiner Wohlstand die Ursache,
dass sich fast alle Menschen ein Auto leisten konnten, von dem sie vorher
nur geträumt hatten. Während die Industrie die Autos baute und
immer neue, bessere Modelle entwickelte, unterstützt der Staat die
Massenmotorisierung durch eine gigantische Ausweitung des Straßenbaus
und durch Steuersubventionen, z. B. bei der Pendlerpauschale. Die staatliche
Finanzierung des Straßenbaus war notwendig, weil außer bei
Autobahnen die Eintreibung eine Straßenbenützungsgebühr
zur privaten Straßenbaufinanzierung zu aufwändig gewesen wäre.
Welche Lehren lassen sich daraus für die Einführung der genannten
neuen Verkehrssysteme ziehen? Entscheidend ist sind langfristig gesicherte
ökonomische Anreize, die das massenhafte Umsteigen auf die neuen
Verkehrsmittel fördern. Dazu gehören vor allem eine stark ansteigende
Besteuerung des fossilen Energieverbrauchs und von Lärmemissionen
als Teil einer Wende von der Arbeitsbesteuerung zur Umweltbesteuerung.
Steigt der Benzinpreis mit gesetzlicher Festschreibung über einen
Zeitraum von 10 Jahren von einem Euro auf 5 Euros pro Liter, dann ist
der massenhafte Absatz von Ökomobilen gesichert. Auch die Umstellung
der Automobilindustrie auf die neuen Fahrzeuge ist dann kein Problem,
weil die Entwick-lungskosten für das Ökomobil gering sind -
VW hat schon einen Prototypen entwickelt. Die Gewinn-erwartung der Autokonzerne
sorgt dann für eine schnelle und gründliche Umstellung der Autoproduktion.
Der Staat sollte allerdings für eine steuerliche Förderung der
Ökomobile bestimmte Maximalmaße vorschreiben, um ein reibungsloses
Fahren und Parken für Ökomobile zu gewährleisten.
Aufwändiger als beim Ökomobil ist die Förderung der M-Bahn.
Wahrscheinlich übersteigt der Aufwand der Entwicklung aller Systemkomponenten
auch die Finanzkraft von Großkonzernen, so dass der Staat ähnlich
wie bei der Entwicklung der Kernenergie Entwicklungshilfe leisten muss.
Das ist nur möglich, wenn die M-Bahn als Vision in der Mehrheit der
Bevölkerung verankert und akzeptiert ist. In diesem Entwicklungsprozess
müssen gleichzeitig auch technische Normen entwickelt werden, die
am besten weltweit akzeptiert werden. Nur so können Normierungsdefizite
wie bei der Eisenbahn (Breitspur in Russland und Normalspur im restlichen
Europa) verhindert werden.
Sind alle Systemtechniken und Normen entwickelt, so sollte das staatliche
Verkehrsministerium die Prioritäten beim Umbau der Verkehrstrassen
zu M-Bahnen setzen. Damit kann eine Fehlentwicklung wie in England vermieden
werden, wo bei den profitablen Relationen (etwa zwischen London und Birming-ham)
gleich mehrere parallele private Eisenbahnstrecken gebaut wurden. Die
Finanzierung kann durch eine entsprechende staatliche Geldemission nach
dem Vorbild von Guernsey erfolgen (Näheres dazu im Kapitel "Geldreform".
Marko Ferst: Für eine ökologische
Verkehrspolitik ist das noch viel zu auf bisheriger Hochtechnologieebene
gedacht. Der materielle Massenfaktor wird nicht berücksichtigt. Ich
denke, man muß rauskommen irgendwo zwischen Robert Havemanns Eselkaravane
und Franz Alts Verkehrswendekonzeptionen. Und man wird wohl auch Übergänge
brauchen. Natürlich setzt das einen gewaltigen Umbruch im gesellschaftlichen
Denken und Handeln voraus. Davon ist derzeit noch nichts zu vernehmen.
Möglich ist am Ende aber auch ein Zusammenbruchssystem mit entsprechend
fehlender Mobilität.
Bernd Hercksen:
Es ist falsch, dass der materielle Massenfaktor nicht berücksichtigt
wird. Nach meiner Schätzung wird sich der Energie- und Materialverbrauch
im Vergleich zu heute auf höchstens ein Fünftel verringern.
Das ergibt sich schon daraus, dass der Verbrauch des "Ökomobils"
an fossiler Energie weniger als ein Fünftel, mit Solardach wahrscheinlich
nur noch ein zehntel von dem eines Automobils beträgt. Da auch das
Gewicht eines Ökomobils auf rund ein Fünftel reduziert ist,
sinkt auch dementsprechend der Materialverbrauch. Mit meiner Idee verschwindet
fast der ganze Autoverkehr in seiner heutigen Form, das gleiche gilt für
die Lkws, die durch individuell gesteuerte Güterzüge und M-Bahn-Container
ersetzt werden. Auch verstehe ich nicht, was gegen Hightech einzuwenden
ist, wenn sie sozialen und ökologischen Zielen dient. Mein Schwerpunkt
ist auch nicht Hightech als Selbstzweck, sondern es sind die genannten
ethischen Ziele, für deren Verwirklichung eine bewusste Technik nur
Mittel zum Zweck ist.
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