100 Prozent erneuerbaren Strom sofort

Echter Ökostrom ist oft preiswert und beschleunigt den Atomausstieg


Marko Ferst


CDU-Umweltminister Röttgen strebt an bis Mitte des Jahrhunderts Strom vollständig aus regenerativen Energien gewinnen. Die Grünen wollen dies laut ihren Programmen möglichst schon 2030 erreichen, die Linke legt sich nicht so genau fest und spricht von „mittelfristig“. Im eigenen Haushalt jedoch läßt sich Strom aus solaren Quellen sofort einspeisen. Dazu muß man nicht Jahrzehnte warten. In den meisten Regionen Deutschlands entlastet man bei diesem Schritt überdies die eigene Haushaltskasse, wenn man bislang mit Kohle- und Atomstrom von den vier großen Energiekonzernen beliefert wurde.
Inzwischen beziehen zwei Millionen Haushalte in Deutschland Ökostrom, 150.000 kleine und mittelständische Betriebe kommen dazu. Und der Anteil steigt rapide. Seit 2006 schlossen sich 21 Umwelt- und Verbraucherverbände zusammen, um bundesweit den Umstieg auf Ökostrom zu propagieren. Auf ihrem Webportal zum Stromwechsel sind vier Anbieter verzeichnet. Beim Preis die Nase vorn haben Naturstrom, dann Lichtblick. Erstere garantieren für ein Jahr Stabilität. Weitere Ökoanbieter sind die EWS Schönau und Greenpeace Energy. Die Ummeldung läuft inzwischen reibungslos, der neue Anbieter kümmert sich um alles. Man muß nur die Vertragsunterlagen ausfüllen mit Angabe der Zählernummer. Der regionale Anbieter kommt den aktuellen Zählerstand ablesen. Unter den Webangaben von Grüner Strom Label e.V. ist es möglich auch von Umweltverbänden zertifizierte regionale Unternehmen auszuwählen.
Inzwischen gibt es ca. 250 Ökoanbieter. Hinter manchem grünen Angebot stecken aber nach wie vor E.on, Vattenfall, EnBW und RWE und sie bieten auch direkt Ökotarife an. Wurde Naturstrom 1998 von Umweltschützern u.a. aus dem BUND heraus gegründet, ist Naturenergie eine Tochter von EnBW. Wer den Atomausstieg will, sollte freilich nicht die vier Energiekonzerne fördern, die gerade dies zu verhindern trachten. Besser ist es auf Unternehmen zu setzen, die eigentumsrechtlich nicht mit der Lobby für Kohle und Atom verknüpft sind. So sind oft auch Stadtwerke keine Alternative.
Gern wird RECS-zertifizierter Ökostrom verkauft. Diese Zertifikate ermöglichen Energieversorgern ökologische Angebote ohne jedoch selbst diesen Strom zu produzieren. So werden fossile Quellen veredelt z.B. in dem Energie auf dem Papier aus Norwegens Wasserkraftwerken gekauft wird. Nur installiert man damit keine neue Windanlage oder kein Solarpaneel. Insofern bleibt es wichtig nur Ökostromanbieter zu nutzen, die auch Energie zu einem erheblichen Anteil aus neuen Anlagen beziehen und die in solche investieren.
Bei Naturstrom setzt sich der Energiemix zu 51% aus Wasserkraft, 48,7% aus Windkraft und 0,3% aus Solarpaneelen zusammen. Bei Lichtblick sieht der Mix mit 70% Wasserkraft und viel Biomasse schon wieder anders aus. Naturstrom weist eine Karte mit über 160 Neubauprojekten für erneuerbare Energien in Deutschland aus, in die das Unternehmen investierte. 2,5 Cent pro Kilowattstunde gehen in den Neubau, ein Spitzenplatz. Wer weiter seinen konventionellen Strom nutzt, baut im Schnitt zu über 41% auf Kohle, 25% Atom und 17% Gas und Öl. Den Anbieter wechseln ist ein kleiner Schritt mit großer Wirkung zu 100% erneuerbarer Energie. Im Drei-Personen-Haushalt des Autors beträgt die Ersparnis gegenüber dem regionalen Anbieter Edis über 100 € im Jahr.

Mehr Informationen findet man unter: https://www.vergleich.org/echter-oekostrom/

Neues Deutschland, 2.8.2010

www.umweltdebatte.de