Zündpulver für alles Mögliche


Die Gedichte von Marko Ferst wirken als politische Provokation. So will es der Autor

Von Reinhard Düsterhöft


Der häufigste Grund, weshalb ein Mann zum Dichter wird, ist eine unglückliche Jugendliebe. Bei Marko Ferst aber war der Auslöser lyrischer Ambitionen die Stasi. Er war 13, als er auf einen Bauwagen im heimatlichen Rüdersdorf bei Berlin pinselte: Stasi raus. Der Protest gegen die Ansiedlung einer Stasi-Ausbildungsstätte hatte für den Schüler Ferst Folgen. Von den Sicherheitsorganen als Übeltäter ermittelt, fing er an mit besseren Noten gegen den Makel seiner politischen Entgleisung zu kämpfen. Ferst berichtet: Ich begann Gedichte zu schreiben.
Die Lust am Dichten hat den fast Vierzigjährigen nicht verlassen. Nach dem 2005 erschienenen Gedichtband "Umstellt. Sich umstellen. Politische, ökologische und spirituelle Gedichte" hat er nun mit "Republik der Falschspieler" erneut ein Buch vorgelegt. Ferst schreibt politische Lyrik, ein Genre, von dem er sagt, es sei noch nicht ganz verblichen. Für Politische Lyrik stehen in Deutschland Namen wie Bertolt Brecht, Kurt Tucholsky und Hans Magnus Enzensberger. Auch die Balladen von Wolf Biermann lassen sich dem Genre zuordnen.
Ferst nun macht einen Versuch. Er will eine literarische Tradition wiedererwecken, die in den vergangenen Jahren in einen Dämmerschlaf versunken ist. Sehr zu Unrecht, wie er meint. Denn die Zeit schreit nach Ferst’s Meinung, der als Schüler von Rudolf Bahro 1994 die ökologische Plattform im linkspolitischen Spektrum mitbegründete, nach Veränderung. Manche seiner Vorschläge werden von einem Augenzwinkern begleitet.
Etwa in dem Gedicht "14 Tage Stalin". Wir lesen: "Alle Arbeiter, Angestellten, Arbeitslosen/ Rentner, Kinder, Kleinunternehmer usw./ sollten mal für zwei Wochen ins Ausland flüchten/ rein aus Sicherheitsgründen/ Dann lassen wir Stalin und seinen Apparat/ gegenüber Spekulanten, Abzockern,/ Konzernchefs, neoliberalen Politikern/ und den ganzen übrigen Sozialdemonteuren/ eine Art effiziente ,Kulakenreform‘ durchführen/ Wenn sie dann wissen/ wir können das jederzeit wiederholen/ werden sie darum betteln/ dass sie uns gewiss immer / ausreichend Arbeitsplätze anbieten werden/ und auch sonst/ nicht übermäßig ausbeuten/ Sozialraub bestimmt nicht wieder vorkommt."(1)
Auf die politischen Verhältnisse der Gegenwart hat der Dichter seine eigene Sicht. In "Spottverse auf den verresteten Westen" schlägt er als Definition der gegenwärtigen Gesellschaft vor: "Einigen wir uns doch auf eine parlamentarisch verfasste Finanzherrschaft so eine Republik der Bonzen, Banken und Betrüger…"
In "Republik der Falschspieler" lässt er uns wissen "Das Volk ist Ballast…" Ferst geißelt die politische Klasse als skrupellos und raffgierig. "Die Eliten greifen ab/ mitgenommen wird jetzt alles / sie bauen ihre eigene Republik…" und unmissverständlich dann die Warnung am Ende des Gedichts: "Extreme Ungleichheit gerinnt als System auf unterstem Niveau / Zündpulver für alles Mögliche / viele Städte heißen nicht Weimar."

(1) im zweiten Teil des Gedichtes wird diese Aussage als nicht annehmbar widerrufen!

Ruppiner Anzeiger, 7.2.2009

 
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