Aus
dem USA-Gentech-Anbau lernen?
Marko
Ferst
Zu:
Hunger nach transgenem Weizen?, von Uwe Kraus, ND 5.5.2004
Eine
handvoll Versuchsfelder mit gentechnischen Saaten sind nicht die
wirkliche Dimension des Problems. Es geht in Deutschland um die
Frage, ob wir in ein paar Jahren 30, 40 oder mehr Prozent unserer
Felder mit genetisch manipulierten Nahrungspflanzen bestückt
haben wollen wie in den USA. Dafür will man jetzt die Tore
mit aller Gewalt aufbrechen. Vielleicht ist es aber ökonomischer
und zukunftsfähiger sich am gentechnikfreien Österreich
und der Schweiz zu orientieren. Bisher ist keine Versicherungsgesellschaft
bereit den Bauern Policen für eine Haftung bei den Genlaborpflanzen
auszustellen. Der Lebensmittelskandal um den StarLink-Mais in
den USA zeigt die Brisanz auf. Es summieren sich Verluste von
insgesamt mehr als einer Milliarde Dollar. Die Chancen für
viele Schadensersatzklagen stehen darüber hinaus nicht schlecht.
Aber die Dimension ist auch eine sozialpolitische. Es wird sehr
teuer werden bei etlichen Kulturen die Saaten gentechnikfrei zu
halten. Die Sortenreinheit müssen dann die "normalen"
und die ökologischen Bauern nachweisen, und das wird richtig
Geld kosten. Im Klartext bedeutet das, gentechnikfreie Lebensmittel
werden teuerer, wenn die Verunreinigungen nach und nach flächendeckend
werden. Die deutsche Futtermittelindustrie hat offenbar begonnen
ihre Angebote gleich rundweg als mit gentechnischen Methoden hergestellt
zu deklarieren. Wer Extrawürste will muß künftig
extra mehr zahlen. Für das Laborsaatgut dürfen die Bauern
jedes Jahr an die Agrarmultis viel Geld überweisen. Nicht
jeder Bauer kann das wirtschaftlich überleben.
Der Klimawandel wird sich Zug um Zug in den nächsten Jahrzehnten
rapide verstärken. Darauf muß die Landwirtschaft heute
reagieren, und die Anbaumethoden so umstellen, daß auch
unter veränderten Witterungsbedingungen Ernten möglich
sind. In diesem Kontext ist Gentechnik auf dem Acker ein unkalkulierbares
Risiko, daß wir nicht eingehen sollten. Bei dieser Entwicklung
ist zusätzlich problematisch, unsere hochtechnisierte Landwirtschaft
basisiert auf ganz wenigen Kunstpflanzen. Da können langjährige
Hitzeperioden und neue Krankheiten zu verheerenden Ausfällen
führen. Ökologischer Landbau, der auch die dauerhafte
Nahrungsmittelsicherheit beachtet, hat da objektiv die besseren
Karten.
Aktuell sollte die PDS die Schaffung gentechnikfreier Regionen
unterstützen und ebenso kann sie ihre Wähler und Wählerinnen
aufrufen keine gentechnisch veränderten Lebensmittel einzukaufen.
Greenpeace druckte eine Broschüre, wo man sich informieren
kann, welche Firmen und Produktgruppen man meiden muß. 70
Prozent der Deutschen lehnen Genfood ab. Wenn es in der PDS einzelne
Funktionsträger gibt, die ihren Fortschrittsglauben beim
Anbau von Genweizen ausleben müssen, dann seien sie auf das
beschlossene Europaprogramm der PDS verwiesen: Grüne Gentechnik
wird für die EU abgelehnt. Auch wer sich diesbezüglich
in "Anpassungsgeist" übt, schadet der Partei bei
den kommenden Wahlen und erweist sich als dienstbarer Geist für
die Agrarmultis und ihre Profite.
"Neues
Deutschland" vom 10.Mai 2004
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