Moorschutzprogamm
Marko Ferst
(Auszug) Mit dem Ende der Eiszeit vor 12.000 Jahren entstanden in den Küstengebieten
Europas zahlreiche Moore. In den vergangenen 200 Jahren wurden viele dieser
Feuchtgebiete trocken gelegt, so daß nur noch Reste davon erhalten
sind. In diesem Ökosystem gibt es im Vergleich zu anderen heimischen
Landschaften eine sehr hohe Biodiversität; viele Pflanzen und Tiere,
die vom Aussterben bedroht sind, finden hier ihr letztes Refugium. In
lebenden, also noch wachsenden Mooren existieren über hundert seltene
Pflanzenarten. Adler, Fischotter und andere gegenüber früheren
Zeiten stark dezimierte Tierarten haben hier ihre Heimstatt. Am 7.3.2000 verabschiedete das Kabinett ein umfassendes Moorschutzkonzept.
28 Renaturierungsprojekte auf knapp 4500 Hektar sind seitdem durch einen
beim Umweltministerium installierten Beirat angeschoben worden. Für
die Maßnahmen konnten bisher 9,5 Millionen Euro bereitgestellt werden,
drei Viertel davon durch die EU. Bis 2006 stehen für das Moorschutzprogramm
insgesamt 28 Mill. Euro zur Verfügung. Ziel des Moorschutzprogramms
ist es, in den nächsten 20 Jahren rund 75.000 Hektar der wertvollsten
Moore zu sanieren. Bereits bis 1998 wurden auf 12.000 Hektar Mooren wieder naturnähere
Wasserverhältnisse geschaffen. Diese Renaturierungen waren zumeist
durch EU-Life-Projekte finanziert worden. Daraus ergaben sich Probleme,
insofern die Projekte zuerst geplant wurden, dann Geld floß, aber
wenn die Eigentümer der Flächen nicht einverstanden waren, Schwierigkeiten
in der Umsetzung auftraten. Beim neuen Moorschutzkonzept schaffte man
eine freiwillige Teilnahme der Landwirtschaftsbetriebe als Anreiz. Die
Ziele sind klarer ausgewiesen, es steht mehr Geld zur Verfügung,
und es ist eine differenzierte Vorgehensweise möglich. Orientiert
wird auf eine Aufgabe der genutzten Flächen. Das Moorschutzprogramm wurde bereits in der Legislaturperiode vor 1998
erarbeitet, verblieb jedoch in der Schublade, die vorhergehende Landesregierung
wollte das Programm nicht umsetzen. Auch in der rot-roten Konstellation
war der Landwirtschaftsminister zunächst nicht begeistert vom Vorgehen
seines Amtskollegen im Umweltministerium. Michael Succow verweist auf
die riesigen CO2-Senken, die durch das Vernässen der Flächen
und das neu beginnende Moorwachstum entstehen. Er sieht in dem Programm
einen realpolitischen Ansatz, mehr Naturentwicklungsräume auszuweisen,
mehr Wildnis zuzulassen. Werden die Moore trockengelegt, führt der Abbau von organischer Bodensubstanz zu einer Freisetzung von Klimagasen, konkret von Kohlendioxid, Methan und Lachgas. Bezogen auf alle Moorflächen ist damit eine jährliche Emission von 5 Millionen Tonnen Treibhausgas verbunden. Durch eine maximale Vernässung aller Moore könnte dieses Potential um 4 Millionen Tonnen reduziert werden. Der Moorschutz dient also nicht nur dem Arten- und Biotopenschutz, sondern auch dem Klimaschutz. Ein Moorgebiet kann nach den in dieser Legislaturperiode gesetzlich fixierten Regeln dann renaturiert werden, wenn die Eigentümer oder Nutzer bereit sind, sich von diesen Flächen zurückzuziehen oder diese moorschonend zu nutzen. Anlaß zum Handeln kann auch sein, wenn Moorgrünland ungenutzt bleibt. Signalisieren Wasser- und Bodenverbände, die Kosten für den Schöpfwerksbetrieb oder die Deichsanierung für die tieferliegenden Moorgebiete werden zu hoch, so führt dies ebenso zum Handeln des Landes. Ein mehrstufiges Beratungsverfahren wird in Gang gesetzt, um zu prüfen, ob das betroffene Gebiet sinnvoll renaturiert werden sollte. Schwer umsetzbare Projekte können dabei abgebrochen, einfach durchsetzbare Projekte beschleunigt werden. Ende Februar 2002 fand eine Tagung mit etwa 100 Experten statt, um den
bisherigen Stand beim Moorschutzprogramm auszuwerten. Streitpunkt war
nach Auskunft des Umweltministers, ob bei der Wasserstandsanhebung Phosphat
aus den Flächen ausgelöst wird und sich damit Nährstoffeinträge
erhöhen. Komplexe Untersuchungen und Bewertungen werden vorgenommen,
um dies genauer herauszufinden. Andere Wissenschaftler, wie u.a. Michael
Succow, meinen, die Phosphate werden zwar ausgelöst, durch die Pflanzen
aber aufgenommen und fließen deshalb nicht ab. Ein weiterer Diskussionspunkt
war, es werden bei der Vernässung vermehrt die Treibhausgase Methan
und Lachgas ausgestoßen. Dies gilt jedoch nur für die Phase
der Umstellung, in der Fäulnisprozesse auftreten. Langfristig ist
eine Reduzierung von Treibhausgasen abzusehen. (Fußnoten fehlen in diesem Auszug) |