Brandenburger wollen nicht zum „Lärm-Klo“ werden

Flugrouten: Die neue Bürgerinitiative „Gosener Wiesen“ will Lärmlasten teilen


Marko Ferst


In einem RBB-Interview äußerte Klaus Wowereit, man könnte statt über dem Müggelsee auch alternativ über die Gosener Wiesen mit den Flugzeugen von Schönefeld starten. Angeblich, so der Bürgermeister, sei das Gebiet unbewohnt. Genau diese Äußerung rief jetzt die betroffenen Bürger auf den Plan deren Ortschaften stattdessen beim Start in Richtung Osten überflogen würden. So konstituierte sich am 16. September 2011 die Bürgerinitiative „Gosener Wiesen“, mehr als 300 Leute wollten sich informieren, zahlreiche auch aktiv mitwirken, Spendengelder flossen reichlich. Viele dieser Ortschaften werden schon durch die beiden Landerouten extrem stark verlärmt, immer dann, wenn der Wind aus Richtung Westen weht, also an etwa 65 Prozent der Tage im Jahr. Nun sollen sie zusätzlich noch an den übrigen Tagen den Lärm übernehmen. Die deutsche Flugsicherung will bislang zum größten Teil über das drei Kilometer breite Waldgebiet zwischen Friedrichshagen und Rahnsdorf die Flieger starten lassen. Ihre Absicht ist zu vermeiden, daß die gleichen Gemeinden durch An- und Abflüge belastet werden. Zudem verweist sie auf den fehlenden Sicherheitsabstand zwischen den Abflügen von Nord- und Südbahn.
Besonders schwer betroffen wäre von der neuen Route, für die sich Wowereit bei der Flugsicherung per Brief eingesetzt hat, Berlin-Karolienhof. Weiter werden Müggelheim, Gosen, Neu-Zittau und der gesamte südliche Bereich der Stadt Erkner sowie Fangschleuse durch startende Jets belastet, weit stärker als dies in Friedrichshagen der Fall wäre. In der Gründungsveranstaltung der BI berichtete dann auch der Ortsteilbürgermeister von Gosen Thomas Schwedowski, der Mitglied in der Fluglärmkommission ist, daß die Berliner Vertreter immer wieder massiv sich dafür einsetzten, daß der Lärm auf Brandenburger Gemeinden abgeschoben wird. So sei von Berlin-Lichtenrade eine Entlastungsroute abgelehnt worden, die einen geringen Teil der Flüge an Mahlow und Blankenfelde vorbeigeführt hätten. Beide Gemeinden sind in schwerster Form vom Fluglärm betroffen. Schwedowski sagte, er sei menschlich entsetzt gewesen wie diesen Vorschläge von den Berlinern abgebügelt wurden. Jetzt soll auf der östlichen Seite des Flughafens, dasselbe Spiel stattfinden. Die Berliner Politik will einen stadtnahen Flughafen, aber sämtlicher Fluglärm solle bitte fern vom Stadtgebiet gehalten werden.
André Rohland, einer der Initiatoren der neuen BI, kritisierte, im Gegensatz zur Müggelseeroute wird bei der Flugroute über Karolienhof und Gosen hinweg Berlins größtes Naturschutzgebiet überflogen. Hier brütet die Trauerseeschwalbe, eine akut vom Aussterben bedrohte Art der Kategorie eins, überdies Kraniche und Eisvögel. Laut Berliner Umweltgesetzgebung ist eigentlich jeglicher Lärm im Naturschutzgebiet zu unterlassen.
Anja Radaatz aus Karolinenhof erinnerte bei der Veranstaltung im Saal des Märkischen Hofes in Gosen an die am 20. September 2011 um das Bundesverwaltungsgericht stattfindende Menschenkette. Dort beginnt die mündliche Verhandlung zum Thema Nachtflugverbot. Die Bürgerinitiative will sich hier als erstes einbringen. Präsenz sei wichtig, da die Flughafengesellschaft die eigenen Angestellten zu einer Gegendemo aufrief, „als Dienstreise und auf Kosten der Steuerzahler“, so die Rednerin.

Kontakt: www.bi-gosener-wiesen.de

 

 

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