Zivilisation führt zum Super-GAU

Wir sind in den entscheidenden Jahren

Zu: Wir müssen uns an den Klimawandel anpassen, Oran Young, ND 17.10.

 

Der Klimawandel ist weit vorangeschritten insbesondere, wenn man bedenkt, die Treibhausgase steigen erst nach und nach in die Stratosphäre auf und entfalten dort ihre Wirkung. Im Schnitt 100 Jahre bleibt das Kohlendioxid dort aktiv und es können sich also gewaltige Altlasten aufbauen. Vor diesem Hintergrund ist das Kyoto-Protokoll mit seinen 1-2% Reduktion gegenüber 1990 in der Tat eine undiskutable Option. In dankenswerter Klarheit spricht Oran Young von 60 bis 70 Prozent Reduktion über die jetzt verhandelt werden müßte. Das wäre auch nach meiner Einschätzung etwa das Level für die nächsten 20 Jahre in der globalen Dimension. Das darf kein Ausblick für 2050 mehr sein, kein Aufschieben auf Sanktnimmerlein.
Am 28.8. diesen Jahres sendete der Fernsehsender Vox eine BBC-Dokumentation über den globalen Verdunkelungseffekt unter dem Titel „Schwarze Sonne“. Die Wissenschaftler legten dar, daß dieser Effekt bisher um den Faktor 10 unterschätzt wurde. Dies bedeutet aber zugleich, der Klimawandel wäre viel stärker, wenn immer weniger Ruß- und Schmutzpartikel die Atmosphäre verdreckten wie dies seit Jahren der Trend ist. Die bisher vom IPCC berechneten Daten wären damit allesamt falsch. Schon für 2025 käme man zu irreparablen Schäden und 2040 zu einer Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur um 4 Grad. Für die Kontinente und speziell unseren Breitengrad bedeutet dies noch ein paar Grad mehr. Man muß diese Daten sehr genau prüfen, ob eine derartig rasante Beschleunigung des Klimawandels tatsächlich greifen kann oder mildernde Faktoren berücksichtigt werden müssen. Kommt dies aber so, ist die Freisetzung gigantischer Methanhydratmengen aus den Ozeanen und dem Permafrost kaum noch zu verhindern. Die Schätzungen der Vorräte fangen bei 10.000 Gigatonnen an und hören bei einer Million auf. Das reicht um die Evolution zu beenden, die Tem-peraturen so hoch zu schrauben, wie zuletzt vor 4 Milliarden Jahren.
Politik und Gesellschaft stehen an einer Scheidegrenze. Wer den bisherigen zivilisatorischen Weg weiter beschreiten will, riskiert den gesellschaftlichen Super-GAU. Das zeichnet sich klar ab. Zugleich kann nur im Hier und Jetzt begonnen werden zu verändern. Begonnen werden muß eine „grüne Perestroika“ die Möglichkeit des Scheiterns im Blick. Unmittelbar sollte ein Erneuerbares Energien Gesetz für den Wärmebereich erarbeitet werden. Die Linkspartei könnte einen Vorschlag im nächsten Jahr vorlegen. In den nächsten 10-20 Jahren muß man lernen, fast ohne Erdöl auszukommen. Die ständigen Preiserhöhungen im Öl- und Gasbereich dürften brisantester sozialer Sprengstoff werden. Die Brandenburger Linkspartei hat in ihren Thesen zur kürzlichen Ökokonferenz wie Oran Young darauf aufmerksam gemacht, Anpas-sungsstrategien an den Klimawandel müssen von der Politik erarbeitet werden. Dies sollte beständig weiter entwickelt werden, damit wir vorbereitet sind auf das was kommen wird.

Marko Ferst

Neues Deutschland, 21.10.2005



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